Nur 220 Millionen: Steuerabkommen floppt

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Weniger Geld aus Liechtenstein ist das jüngste Haushaltsproblem für Finanzminister Hans Jörg Schelling.

Wien. „When it rains, it pours“, sagen die Amerikaner, und meinen damit, dass ein Unglück selten allein kommt. Kaum hat das Wifo mit seiner Mittelfristprognose (die ein strukturelles Nulldefizit für 2016 ausschließt) dem Finanzminister alle Budgetpläne zerstört, wird jetzt auch noch das vergangene Budget durcheinandergewirbelt. Denn im Budgetvollzug 2014 tut sich ein gewaltiges Loch auf, und ein Grund dafür ist das Steuerabkommen mit Liechtenstein.

Dieses Abkommen sollte im vergangenen Jahr 500 Millionen Euro ins Budget spülen. So hat es Ex-Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) in ihrem Voranschlag eingeplant. Mit Veröffentlichung des vorläufigen Budgetvollzugs ist nun klar, wie viel Geld die nachträgliche Versteuerung von österreichischem Schwarzgeld in Liechtenstein tatsächlich brachte: 220 Millionen Euro, nicht einmal die Hälfte des veranschlagten Betrages.

Da ist es keine Überraschung, dass das Finanzministerium die Zahlen seit Monaten (die erste Anfrage der „Presse“ gab es im September 2014) nicht bekannt geben wollte. Die erste Tranche, die eigentlich die größte hätte sein sollen, wurde im Juli 2014 überwiesen. Der Betrag: bescheidene 175 Millionen Euro, etwas mehr als ein Drittel der veranschlagten Summe. Im August waren es nur noch 26,4 Millionen Euro, die Summe sank Monat für Monat, im Dezember belief sich die Überweisung auf 400.000 Euro.

Dabei ist nicht einmal sicher, ob diese Beträge tatsächlich zu 100 Prozent Liechtenstein zuzurechnen sind. Denn auch aus einem Steuerabkommen mit der Schweiz sollten laut Budgetplanungen 50 Millionen Euro nach Österreich fließen. Bis Juni 2014 waren es 43,4 Mio. Euro. Gut möglich, dass ein Teil der späteren Überweisungen aus der Schweiz und nicht aus Liechtenstein kommt (auch das Schweizer Abkommen brachte 2013 weniger als budgetiert, nämlich nur 717 Mio. Euro statt einer Milliarde Euro).

Im Budgetvollzug 2014 werden Einnahmen aus „Abgeltungssteuern aus internationalen Abkommen“ in Höhe von 264,1 Millionen Euro ausgewiesen. Zieht man die 43,4 Mio. Euro aus der Schweiz ab, bleiben etwa 220 Mio. Euro aus Liechtenstein.

Schelling muss „Fehler korrigieren“

Die fehlenden hunderte Mio. Euro auf die budgetierten 500 Mio. bezeichnet eine Sprecherin des Finanzministeriums als „keine große Summe“. Das Gesamtbudget mache 75,3 Milliarden Euro aus, zudem sei es in einigen anderen Bereichen „besser gelaufen als veranschlagt“. Das Budget 2014 werde „eine Punktlandung“ werden, meinte die Sprecherin. Genaue Zahlen gibt es vermutlich im April, wenn der Rechnungshof den Bundesrechnungsabschluss vorlegen wird.

Von künftigen Budgets weiß man bereits jetzt, dass sie nicht halten werden. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) äußerte gestern Kritik an den teils wenig realistischen Annahmen bei den Budgeterstellungen. Er müsse in seinen nächsten Vorlagen Fehler der Vergangenheit korrigieren, meinte Schelling nach dem Ministerrat. Konkret geht es etwa um die Finanztransaktionssteuer, die ab 2016 mit 500 Mio. Euro pro Jahr eingepreist ist. Sie werde es „nicht in der Form, der Höhe, zu dem Zeitpunkt“ geben.

Neben der deutlich schlechteren Konjunkturprognose tut sich auch ein wachsendes Finanzierungsloch speziell im Unterrichtsministerium auf. Das von Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) geführte Bildungsministerium steht nach Informationen der „Presse“ aus Koalitionskreisen vor wesentlich größeren Finanzierungsschwierigkeiten als bisher öffentlich bekannt. Statt mit einer Lücke von 100 Millionen Euro wird der Fehlbedarf in den Jahresbudgets des Schulressorts mit 250 bis 300 Millionen beziffert.
In den Budgets ab 2016 sind außerdem schon erfolgte Zusagen für mehr Geld unterzubringen: für Investitionen im Heer, für ein Sicherheitspaket und für den Ausbau der Ganztagsschulen und Kindergärten.

Terminplan

Finanzen. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) hat bekräftigt, dass SPÖ und ÖVP bis 17. März die Steuerreform paktieren wollen. Ebenfalls im März muss er die neuen Budgetdaten an die EU melden. Im Frühjahr ist der Finanzpfad bis 2019 zu verlängern. Heuer im Herbst muss er das Budget 2016 vorlegen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2015)

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