Wahlrecht: Rot-Grün "einig, dass wir uns nicht geeinigt haben"

Archivbild
ArchivbildBruckberger / Die Presse
  • Drucken

Vertreter der Koalitionsparteien bestätigen offiziell, dass die Verhandlungen um ein neues Wiener Wahlrecht gescheitert sind. Die Frage wird nun im koalitionsfreien Raum behandelt.

Es ist offiziell: Die zuletzt atmosphärisch schwer beschädigten Verhandlungen über ein neues Wiener Wahlrecht sind fix gescheitert. Das bestätigten SPÖ-Landesparteisekretär Georg Niedermühlbichler und der grüne Klubchef David Ellensohn Freitagmittag. Die Frage, ob nun das mehrheitsfördernde Wahlrecht in ein Verhältniswahlrecht geändert wird, wird im koalitionsfreien Raum entschieden.

"Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir uns in diesem Punkt nicht geeinigt haben", betonten Niedermühlbichler und Ellensohn in einer Pressekonferenz unisono. Soll heißen: Auch nach mehr als vier Jahren Verhandlungszeit konnten sich die Koalitionspartner beim wichtigsten Streitpunkt, der Neuregelung der Mandatsverteilung, nicht zusammenraufen. Allerdings habe man sich darauf verständigt, diese Frage im koalitionsfreien Raum zu lösen. Egal, wie die Sache dann ausgeht, ein vorzeitiges Ende der Koalition stehe nicht im Raum, betonten beide Parteivertreter.

Grüner Antrag, SPÖ kann blockieren

Ellensohn kündigte heute bereits an, dass die Grünen in der nächsten Landtagssitzung Ende März einen entsprechenden Antrag einbringen werden, der inhaltlich dem - noch vor der Wien-Wahl 2010 gemeinsam mit ÖVP und FPÖ unterzeichneten - Notariatsakt entspreche und damit den derzeitigen mehrheitsfördernden Faktor, wie ursprünglich gefordert, so gut wie eliminiere. Allerdings: Die SPÖ könnte den Antrag auch im Falle einer Mehrheit im Plenum theoretisch blockieren.

Eine Einigung in der Mandatsverteilungsfrage war zuletzt immer unwahrscheinlicher geworden: Die Koalition, allen voran Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) und Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne), hatten sich in den vergangenen Tagen über die Medien schwere Gefechte geliefert. Zuletzt hatte die grüne Frontfrau den Roten gar ein Ultimatum gestellt, noch im Laufe dieser Woche einer angeblich schon fix ausverhandelten Lösung zuzustimmen oder diese abzulehnen. Die SPÖ hatte sich - wie bereits am gestrigen Donnerstag durchgesickert - schließlich für letzteres entschieden.

Verfassungswidrige Passagen werden repariert

Ungeachtet des Scheiterns in der Mandatsverteilungsfrage werden die beiden Regierungsparteien trotzdem gemeinsame Anträge zum Wahlrecht einbringen. Diese betreffen aber vorrangig verfassungsrechtlich notwendige Reparaturen, die eine erfolgreiche Anfechtung der Wahl verhindern.

Konkret geht es dabei einerseits um die Abschaffung der Nachfrist für Briefwähler. Andererseits muss aufgrund eines höchstgerichtlichen Urteils bestimmten Strafgefangenen das Wahlrecht eingeräumt werden. Man werde diese Reparaturen gemeinsam im Landtag einbringen, "um nicht ein Jahr später wieder vor die Urnen hupfen zu müssen", wie Niedermühlbichler erklärte.

Außerdem will man drei Resolutionsanträge beschließen, um das Wahlrecht auf EU-Bürger und Drittstaatsangehörige auszuweiten und den Proporz, also die nicht amtsführenden Stadträte, abzuschaffen. Allerdings: Hier hat der Bund das letzte Wort.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.