AUT, Parlament, Untersuchungsausschuss Hypo Alpe Adria

Ein zahnloser Hypo-Abschlussbericht

Fraktionen kritisieren die Vorarbeit des Verfahrensanwaltes: In seinem Entwurf für einen Schlussbericht würden Bewertungen der politischen Verantwortung weitgehend fehlen.

Wien. Erstmals hat der Verfahrensrichter in einem Untersuchungsausschuss nach den neuen Regeln einen Endbericht vorgelegt. Auf große Begeisterung ist Hypo-Verfahrensrichter Walter Pilgermair zumindest bei der Opposition jedoch nicht gestoßen: Den meisten ist sein 507 Seiten dickes Konvolut zu zurückhaltend. Bis Dienstag nächster Woche haben die Parteien nun Zeit, ihren eigenen Fraktionsbericht vorzulegen.

Für Neos-Mandatar Rainer Hable ist der vorgelegte Bericht „sehr lückenhaft“. Ganze Bereiche, die im U-Ausschuss des Nationalrats monatelang untersucht wurden, würden darin komplett fehlen – beispielsweise die Frage, ob die Strafverfolgung durch die Justiz funktioniert hat. Auch die Rolle Liechtensteins bei der Verschleierung von Zahlungsflüssen komme in dem vom Verfahrensanwalt vorgelegten Papier nicht vor.

Ganz allgemein stört den Abgeordneten der Neos aber, dass sich der Bericht über weite Strecken auf eine Aneinanderreihung von selektiv ausgewählten Geschehnissen beschränkt, während eine Bewertung derselben praktisch nicht stattfindet. Genau das solle aber der Kern eines derartigen Berichtes sein: Er müsse die untersuchten Sachverhalte werten.

Auch die FPÖ kritisiert, dass die politische Verantwortung nicht festgemacht wird. Und in den wenigen Bereichen, in denen dies passiert, sieht Fraktionsführer Erwin Angerer das Ergebnis kritisch: Dass der mittlerweile verstorbene langjährige FPÖ-Chef und Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider für die Fehlentwicklung in der ehemaligen Landesbank persönlich verantwortlich gemacht wird, sei durch die Untersuchungen nicht gedeckt.

„Das ist durch nichts belegbar, es gibt kein Dokument, das Haider persönlich belastet“, sagt Angerer zur „Presse“. Wohl aber habe es im Gegensatz dazu bei Maria Fekter und Josef Pröll, beide ÖVP-Politiker und frühere Finanzminister, derartige Dokumente gegeben – da mache der Bericht aber keine persönliche Verantwortung fest.

Hoffen auf Nachschärfung

Generell weniger kritisch sieht der Fraktionsführer der Grünen, Werner Kogler, die Arbeit des Verfahrensrichters. „Man muss seine Schwierigkeiten berücksichtigen“, erklärt Kogler im Gespräch mit der „Presse“. Pilgermair sei damit konfrontiert gewesen, dass die Fraktionen des Nationalrats mit ziemlich unterschiedlichen Untersuchungsansätzen an die Arbeit herangegangen seien und daher auch ein sehr heterogenes Material zustande gekommen sei. „Pilgermair wollte es diplomatisch machen und vieles offen lassen.“

Aber auch Kogler hätte sich mehr Bewertungen gewünscht, vor allem in dem Kapitel, das sich mit der Phase nach der Notverstaatlichung der Bank befasst. Da beinhalte der U-Ausschuss-Bericht nur noch eine kommentarlose Aneinanderreihung von Geschehnissen. „Vielleicht überarbeitet Pilgermair seinen Entwurf noch einmal“, hofft der Grüne.

Dezidiert nicht zufrieden ist Kogler hingegen mit einem Bereich, in dem Pilgermair dann sehr wohl Wertungen vorgenommen hat: Bei der Notverstaatlichung äußert der Verfahrensrichter beispielsweise die Ansicht, dass dem damaligen Finanzminister, Josef Pröll, kein Vorwurf zu machen ist, wohl aber seinen Beratern aus Nationalbank, Finanzmarktaufsicht und Ministerium. Diese hätten den Ressortchef schlecht auf die Pläne der Bayern und die mögliche Strategie vorbereitet.

Josef Pröll im Visier

Der grüne Abgeordnete Kogler kann diese Argumentation nach eigenen Angaben nicht nachvollziehen. Denn der Finanzminister habe sehr wohl wissen müssen, dass die Berater – etwa jene der Nationalbank – schon im Vorfeld Fehler bei der Hypo gemacht und damit quasi ein Eigeninteresse gehabt hätten. Deshalb hätte sich der damalige Finanzminister Pröll auch nicht voll auf diese Berater verlassen dürfen.

Außerdem, fügt Kogler hinzu, müsse es dort Kritik an Pröll geben, wo dieser persönlich eingegriffen hat: Bei der Erteilung des Partizipationskapitals und beim Verzicht auf die Gewährleistung in der Nacht der Notverstaatlichung.

AUF EINEN BLICK

Hypo-U-Ausschuss. Am 10. Oktober soll der U-Ausschuss des Nationalrats zum Desaster rund um die Hypo Alpe Adria den Endbericht beschließen, der dann zwei Tage später im Nationalratsplenum diskutiert wird. Nach eineinhalb Jahren Befragung von 124 Zeugen in 78 Sitzungen. Vor wenigen Tagen hat nun Verfahrensrichter Walter Pilgermair erstmals nach den neuen Regeln seinen 507 Seiten starken Bericht vorgelegt. Die Oppositionsparteien üben daran Kritik. Ihnen fehlen vor allem Bewertungen von Handlungen (oder Unterlassungen). Alle Parteien haben nun noch bis Dienstag Zeit, eigene Berichte vorzulegen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.09.2016)


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