"Kärnten hat mit Populisten ausreichend Erfahrung gesammelt"

Rathaus in Klagenfurt
Rathaus in Klagenfurt APA/GERT EGGENBERGER
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Die früheren Landeschefs Zernatto und Ambrozy glauben an einen Absturz der FPÖ bei der Gemeinderatswahl am Sonntag. Ob die Klagenfurter "reif" für einen "adäquaten Stadtchef" sind, sei fraglich.

Das südlichste Bundesland hat erstmals seit dem „Machtwechsel“ vor zwei Jahren wieder die Wahl. Damals stürzte die SPÖ die Freiheitlichen vom Landeshauptmannsessel, nun sind die Kärntner aufgerufen, am 1. März ihre Gemeinderäte und Bürgermeister zu bestimmen. Einen landesweiten Umsturz erwarten die ehemaligen Landeschefs Christof Zernatto (ÖVP) und Peter Ambrozy (SPÖ) gegenüber der „Presse“ zwar nicht, wohl aber eine Fortsetzung der 2013 begonnenen freiheitlichen Talfahrt. Das größte Fragezeichen verorten sie in der Landeshauptstadt Klagenfurt. Ex-Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPÖ, BZÖ, später FPK) war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

In Klagenfurt rittern elf Kandidaten um den Posten als Stadtchef. Umfragen sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Amtsinhaber Christian Scheider (FPÖ) und der roten Spitzenkandidatin Maria-Luise Mathiaschitz voraus – mit unterschiedlichem Ausgang. So prognostiziert das Humaninstitut Mathiaschitz mit 28 Prozent den Sieg vor Scheider (24), dem Grünen Frank Frey (14) und Otto Umlauft von der ÖVP (10). Imas sieht Mathiaschitz (23) vor Scheider (20) und Umlauft (14). Bei OGM dagegen landet Scheider mit 30 Prozent knapp vor Mathiaschitz (28) und Umlauft (24).

Während sich Ambrozy dem Humanistitut und Imas anschließt – „Scheider hat in den sechs Jahren seiner Amtszeit nicht wirklich etwas bewegt; jede Zusammenarbeit ist gescheitert und selbst in der eigenen Partei ist es zum Zerwürfnis gekommen“. Dagegen gibt sich Zernatto zögerlicher: „Ich bin nicht sicher, ob Mathiaschitz das Match für sich entscheiden kann.“ Und wirbt für das „attraktive Angebot“ Otto Umlauft. „Ob die Klagenfurter aber die Reife haben, zu erkennen, dass die Zeit reif ist für einen seriösen und einer Landeshauptstadt adäquaten Bürgermeister, werden wir sehen“.

Hinsichtlich der zweitgrößten Stadt des Landes, Villach, sind sich Umfragen und Ex-Politiker einiger. Sie dürfte auch nach dem Polit-Aus von Langzeitbürgermeister Helmut Manzenreiter in roter Hand bleiben. Spannender dürfte das Abschneiden von der Mezzosopranistin Bernarda Inzko-Fink, die in Feistritz im Rosental für die slowenische Wahlgemeinschaft/Volilna skupnost antritt, werden. Zernatto: „Es ringt mir höchsten Respekt ab, dass so jemand in die Tiefebene der Kommunalpolitik hinuntersteigt.“

Politiker versuchen, „liebevoll“ zu sein

Kärntenweit sieht Ambrozy die FPÖ als „den großen Verlierer, weil sie sich selbst demontiert hat“. Auch Zernatto prognostiziert den Freiheitlichen, die 2009 mit fast 31 Prozent Platz zwei erklommen haben, „deutliche Einbußen“. „Der Hype galt damals einer Person (dem verstorbenem Landhauptmann Jörg Haider, Anm.) und ist mittlerweile abgeklungen; man hat mit Populisten ausreichend Erfahrung gesammelt“.

Eine Plakatflut wie vor sechs Jahren ergoss sich diesmal übrigens nicht über das Bundesland, auch die Wahlgeschenke fielen mit Kugelschreiber und Feuerzeugen bescheiden aus. „Die Werbung ist schon fast zu dezent, leider auch zu oberflächlich“, ärgert sich Ambrozy über „sentimentale Stehsätze“ und den Mangel an Inhalten. „Alle sind bemüht sich so liebevoll und sympathisch wie möglich darzustellen“, erklärt sich der Präsident des Kärntner Roten Kreuzes die Prominenz von (Werbe-)Hunden – am Plakat etwa mit Scheider und Mathiaschitz. Auch Zernatto ortet den Versuch eines „Sympathietransfes“ mithilfe der Vierbeiner: „Nachdem Kinder in dieser Hinsicht schon ziemlich abgeschnudelt sind, ist man wohl auf den Hund gekommen.“

Hinweis der Redaktion: "Die Presse" wird am Wahlsonntag über alle Ergebnisse live berichten.

Kärnten in Zahlen

Insgesamt 2500 Mandate sind in den 132 Gemeinden zu vergeben, dafür wurden 514 Wahlvorschläge eingereicht, für die Bürgermeister gibt es 397 Kandidaten und 35 Kandidatinnen. Die SPÖ hat 68 Bürgermeister zu verteidigen, bei der Gemeinderatswahl kam sie vor sechs Jahren auf 36,65 Prozent. Die FPÖ, 2009 noch als BZÖ angetreten, erreichte 30,94 Prozent und stellt 28 Gemeindechefs, die ÖVP hat 33 Bürgermeister und 20,41 Prozent der Stimmen geholt. Die Grünen schafften in 20 Kommunen den Einzug in den Gemeinderat, landesweit waren dies 3,3 Prozent. Namenslisten, in der Statistik unter „Sonstige" geführt, holten 6,58 Prozent und drei Bürgermeister. Wahlberechtigt sind 464.364 Personen.

Wahlschluss am 1. März ist um 16 Uhr, mit einem Endergebnis ist angesichts der Listenvielfalt wohl erst gegen 19 Uhr zu rechnen. Bei den Bürgermeisterwahlen muss ein Kandidat im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreichen. Schafft dies keiner der Anwärter, gibt es am 15. März eine Stichwahl zwischen den zwei im ersten Wahlgang Erstplatzierten - was 2009 in 37 Gemeinden der Fall war.

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