"Europaweite Vorbildwirkung": Vatikan diskutiert Islamgesetz

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Für den Rechtsexperten Potz hat das österreichische Gesetz Vorbildwirkung, den Zeitpunkt hält er aber für kontraproduktiv.

Das am Mittwoch im Nationalrat beschlossene Islamgesetz ist auch im Vatikan und in Italien ein viel diskutiertes Thema. Laut Kathpress erklärte etwa der österreichische Rechtsexperte Richard Potz im "Radio Vatikan", das Gesetz habe Vorbildwirkung, den Zeitpunkt hält er aber für kontraproduktiv.

Das Islamgesetz habe mit seiner "systematischen Zusammenfassung" der gesammelten Rechte der österreichischen Muslime oder auch der Einführung einer islamischen Theologie an der Universität eine "europaweite Vorbildwirkung". Gleichzeitig sieht der emeritierte Professor für Rechtsphilosophie, Religions- und Kulturrecht aber juristisch-technische Probleme etwa bei der Auflösung islamischer Vereine. Mit Verweis auf aktuelle IS-Gräuel hielt er außerdem den Zeitpunkt des Gesetzesbeschlusses für kontraproduktiv.

Die Vatikanzeitung "L'Osservatore Romano" berichtete am Freitag laut Kathpress über das Gesetz "zur Verhinderung des Extremismus".

UETD: "Kein Religions-, sondern Sicherheitspolizeigesetz"

Auch in Österreich setzt sich die Diskussion nach dem Beschluss noch fort. Kritik kam am Freitag von der Union Europäischer Türkischer Demokraten in Österreich (UETD). Das Gesetz stelle "leider kein Religionsgesetz, sondern ein Sicherheitspolizeigesetz dar", hieß es in einer Aussendung. Sollte das Gesetz vor den Verfassungsgerichtshof gebracht werden, zeigte sich UETD zuversichtlich, dass die "bedenklichen Paragrafen" nicht halten werden.

Islamgesetz

Das Islamgesetz stellt eine neue Rechtsgrundlage für die geschätzt rund 560.000 Muslime in Österreich dar, der derzeit gültige Text stammt aus dem Jahr 1912. Die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ) ist größte Vertretung der Muslime mit nach eigenen Angaben 350.000 Mitgliedern, auch die Vertretung der Aleviten (ALEVI) wird im Gesetz berücksichtigt. Geregelt werden im Islamgesetz unter anderem der rechtliche Status der Organisationen und Moscheevereinen, Ansprüche auf Seelsorge beim Bundesheer, in Strafanstalten und Krankenhäusern, sowie ein eigenes Theologiestudium, gesetzliche Feiertage und Lebensmittelbestimmungen.

(APA)

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