Norbert Darabos: Der Prügelknabe vom Dienst

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Für die SPÖ tat Norbert Darabos immer alles, aber jetzt lässt sie ihn fallen: Immer mehr Genossen fordern die Ablöse des Bundesgeschäftsführers. Er soll als Sündenbock für die SPÖ-Krise herhalten – allerdings erst nach der Burgenland-Wahl.

Wien/Rust. Im März 2013, als ihn Werner Faymann vom Verteidigungsministerium zurück in die SPÖ-Zentrale beordert hatte, wurde Norbert Darabos als großer Stratege gefeiert, als Wahlsiegversicherung für die schwächelnde SPÖ. Tatsächlich war er als Kampagnenmanager immer sehr erfolgreich gewesen: Den damals noch unbekannten Hans Niessl machte er im Jahr 2000 zum burgenländischen Landeshauptmann, Heinz Fischer vier Jahre später zum Bundespräsidenten und Alfred Gusenbauer 2006 – was kaum jemand für möglich gehalten hätte – zum Kanzler.

Bei der Nationalratswahl 2013 wurde die SPÖ dann tatsächlich Erste, wenn auch nicht gerade glorreich mit 26,8 Prozent, also einem Verlust von zweieinhalb Prozentpunkten. Es war das schlechteste Wahlergebnis in der SPÖ-Geschichte, aber die anderen Parteien schnitten noch schlechter ab. Und deshalb behielt Darabos den Nimbus der Unbesiegbarkeit. Wieder hatte er eine Wahl gewonnen.

Eineinhalb Jahre später scheint das alles vergessen. Die Parteizentrale sei nicht mehr schlagkräftig genug, ein Schatten von einst, klagen hochrangige Sozialdemokraten hinter vorgehaltener Hand. Und auch der wahlkämpfende Wiener Bürgermeister hat in Darabos einen der Schuldigen für die SPÖ-Misere ausgemacht. Auf die Frage, ob sich vor der Wien-Wahl am 11. Oktober noch etwas in der Bundesgeschäftsführung ändern werde, sagte Michael Häupl diese Woche der „Krone“: Diese Entscheidung habe Faymann zu treffen. „Aber ich bin mir ganz sicher, dass der Parteivorsitzende weiß, was er zu tun hat.“

Zuerst die Partei, dann er selbst

Wieder einmal ist Norbert Darabos der Prügelknabe vom Dienst in der SPÖ. Wobei er sich auch stets in diese Rolle drängen ließ. Als ihm Gusenbauer zum Dank für den Wahlsieg das Verteidigungsministerium samt der unlösbaren Aufgabe, den Eurofighter-Kauf rückgängig zu machen, übergab, fügte sich der pflichtbewusste Burgenländer, obwohl er lieber Innenminister geworden wäre. Als Häupl vor der Wien-Wahl 2010 einen Schwenk in der Wehrpflichtfrage anordnete, trat Darabos über Nacht – und wider seine Überzeugung – für ein Berufsheer ein. Und als ihn Faymann für die Nationalratswahl brauchte, trat der glücklose Minister in die zweite Reihe zurück.

Für die Partei tat Norbert Darabos immer alles. Aber Dankbarkeit ist keine politische Kategorie, wie sich in dieser Debatte wieder einmal zeigt. Will man einen Bundesgeschäftsführer loswerden, weil man nicht mehr überzeugt von ihm ist, kann man das gesichtswahrend tun. Oder man macht es auf die weniger elegante Tour, indem man ihn durch öffentliche Kritik – zum Beispiel in Zeitungsinterviews – diskreditiert.

Faymann schweigt, Häupl rudert zurück

Faymann hat sich offenbar noch nicht entschieden. Derzeit sei keine Personaländerung in der Löwelstraße geplant, heißt es aus dem Umfeld des Kanzlers. Ausschließen will man allerdings nicht, dass es in den nächsten Monaten dazu kommt. Einige Genossen geben Darabos nämlich auch die Teilschuld für Faymanns blamables Wiederwahlergebnis beim SPÖ-Parteitag im Herbst. Mit einer besser organisierten Parteizentrale stünde auch der Kanzler heute besser da, glaubt man.

Häupl hielt sich am Freitag zurück. Bei der Klubtagung der Wiener SPÖ in Rust war der Bürgermeister ziemlich genervt, weil er ständig auf Darabos angesprochen wurde: Er verstehe nicht, warum. „Ich habe ihm weder die seidene Schnur überreicht noch seine Ablöse als Bundesgeschäftsführer verlangt.“

Soweit die Wiener SPÖ-Spitze offiziell. Inoffiziell forderten hochrangige Funktionäre eine Reaktion von Faymann. „Das in Oberösterreich“, sagte einer in Anspielung auf das Tauziehen um ein Mandat für Sonja Ablinger, „hätte nicht passieren dürfen. Der Bundesgeschäftsführer hätte das vor Ort regeln müssen, anstatt sich hinter Faymann zu verstecken.“ In der Wiener SPÖ glauben nicht wenige, dass Darabos nur noch da ist, weil noch kein anderer Platz für ihn gefunden wurde bzw. ein Nachfolger noch nicht in Sicht ist.

Möglicherweise gibt es einen weiteren Grund: Hans Niessl. Auch der burgenländische Landeschef hat heuer, am 31. Mai, eine Wahl zu schlagen. Und er wäre wohl mäßig begeistert, würde kurz davor sein Landsmann in der SPÖ-Zentrale des Amtes enthoben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2015)

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