Wirtschaftskammer: Alte Kritik an alter Wahlpraxis flammt auf

PK WIRTSCHAFTSKAMMERWAHLEN: PLASS/ORNIG
PK WIRTSCHAFTSKAMMERWAHLEN: PLASS/ORNIG(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
  • Drucken

Warum das Wirtschaftskammer-Wahlrecht Ärger auslöst.

Wien. Ist es bei der Wirtschaftskammerwahl in Wien zu Unregelmäßigkeiten gekommen? Volker Plass, Sprecher der Grünen Wirtschaft, hat das nach der Wahl behauptet. Und heute, Dienstag, will er nachlegen: Es gebe Hinweise, dass das Ergebnis nicht nur in Wien gefälscht sei, so Plass am Montag zur „Presse“.

Worum geht es? Bei der Kammerwahl soll der ÖVP-Wirtschaftsbund (WB) in Wien nicht 50,6Prozent, sondern 36,7Prozent erreicht haben, behauptet Plass. Sein Argument: Die Stimmen aller Namenslisten seien dem WB zugerechnet worden. Die Wirtschaftskammer Wien (WKW) dementiert energisch.

Was stimmt? Faktum ist, dass diese Diskussion nicht neu ist. Vielmehr treten Manipulationsvorwürfe nach jeder Kammerwahl auf. Heuer hat diese Diskussion aber größere Kreise gezogen, weil sich die Grünen diesmal besonders stark diesem Thema gewidmet haben. Es ist also die Wiederkehr einer alten Diskussion.

Zu den Vorwürfen konkret: Der ÖVP-Wirtschaftsbund tritt nicht in allen etwa 80Sparten als WB an. Oft kandidiert der ÖVP-Spartenobmann mit einer Namensliste ohne Zusatz „WB“. Die Stimmen dieser Liste werden (natürlich) dem ÖVP-WB zugerechnet, weil die Kandidatur auch vom WB eingereicht wird. Das ist laut dem Wahlrecht der Wirtschaftskammer völlig korrekt.

Uneinigkeit über Einheitslisten

Schwieriger wird es, wenn in einer Sparte eine Einheitsliste (ÖVP, SPÖ, FPÖ) antritt. Das kommt nicht selten vor, weil alle Parteien dort dasselbe wollen. Eingereicht wird die Liste vom Spartenobmann, also vom ÖVP-WB. Nach der Wahl werden die Mandate der Einheitsliste zwischen ÖVP, SPÖ und FPÖ intern verteilt, sämtliche Stimmen zählen aber für den WB – weil dieser die Liste eingereicht hat. Laut Kammer ist das gesetzlich gedeckt, weil sich die anderen Parteien de facto einer offiziellen WB-Liste anschließen. Nach demselben Modus verfahren laut Kammer auch die Fachgruppen „Solidarität für das Wiener Taxigewerbe“ und die „Liste Masseurinnen Österreich“ – nur, dass von den dortigen Einheitslisten die Grünen als einreichende Fraktion profitieren würden – was Plass dementiert.

Fest steht: Eine Aufteilung von Stimmen bei den Einheitslisten ist unmöglich. Ob ein Unternehmer diese wegen der ÖVP, der SPÖ oder der FPÖ wählt, ist naturgemäß nicht eruierbar – sie werden aber dem WB zugerechnet. Legal. Und seit jeher.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Österreich

Kammerwahl: Ergebnis umstritten

Wiens Wirtschaftskammer wehrt sich gegen den Vorwurf, das Ergebnis sei verfälscht. Die Grünen behaupten, der Wirtschaftsbund käme nur auf 36,7 Prozent.
Innenpolitik

Wirtschaftkammer-Wahl: Grüne sehen Betrug

Der Wirtschaftsbund halte die Absolute in Wien mit 36,7 Prozent der Stimmen, kritisieren die Grünen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.