Migrantinnen: Gemischte Bilanz

(c) Clemens Fabry
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Frauen mit ausländischen Wurzeln sind eher arbeitslos, verdienen weniger, arbeiten in Niedriglohnbranchen. Und im Vergleich mit früheren Zahlen zeigt sich kaum eine Verbesserung.

Wien. Jede fünfte Frau in Österreich hat einen Migrationshintergrund. Sie besitzt einen anderen Pass (zwölf Prozent der weiblichen Bevölkerung) und/oder wurde nicht in Österreich geboren (17 Prozent) und/oder beide Elternteile wurden im Ausland geboren (20 Prozent). Anlässlich des Frauentages hat der Österreichische Integrationsfonds (ÖIF) die Lebenssituation von Frauen ausländischer Herkunft analysiert. Das Resultat: Sie verdienen weniger, sind häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen, und, solange sie keinen österreichischen Pass haben, bekommen sie eher Kinder.

Soweit die alten Stereotype, die die Zahlen des ÖIF und der Statistik Austria festigen. Interessant aber ist der Vergleich. Die Erhebung wurde schon zwei Jahre zuvor durchgeführt. Und trotz aller Integrationsbemühungen hat sich die Situation wenig verbessert: Der Anteil der Frauen ausländischer Herkunft ist konstant geblieben, gestiegen ist jener aus EU/EWR-Staaten: Sie machen nun die Hälfte der Frauen mit Migrationshintergrund und zwei Drittel der Neuzuwanderer aus.

Unterschiede zeigen sich besonders bei der Bildung: Migrantinnen waren 2013 in der höchsten und in der niedrigsten Bildungsschicht überrepräsentiert. Bei Migrantinnen der zweiten Generation gleicht sich das aber an. Wenngleich die Chancen von Kindern nicht deutscher Muttersprache geringer sind: 20 Prozent der Schülerinnen hatten 2012/13 eine nicht deutsche Umgangssprache (2008/09: 18 Prozent). Sie waren an Sonderschulen, polytechnischen Schulen und der Neuen Mittelschule überrepräsentiert.

Mangelnde Sprachkenntnisse bilden später wohl ein Hindernis: 2013 standen 58 Prozent der Frauen mit Migrationshintergrund im Erwerbsleben. Bei Österreicherinnen lag die Quote bei 70 Prozent. Auf etwa diesem Niveau lag auch die Quote von Frauen aus dem EU/EWR-Raum, bei Türkinnen gingen indes nur 40 Prozent einer Erwerbsarbeit nach. In der vorherigen Erhebung lag die Quote noch bei 43 Prozent. Ein weiterer Indikator, dass es speziell Frauen türkischer Herkunft auf dem Arbeitsmarkt schwer haben, ist die Arbeitslosenquote. 2013 waren 6,4Prozent der Österreicherinnen arbeitslos, bei Frauen anderer Staatsangehörigkeit 10,5Prozent, bei Türkinnen 16,5Prozent. Seit 2010 ist diese Quote bei Ausländerinnen stärker gestiegen.

Türkinnen: 5500 Euro weniger

Das mag an den Branchen liegen, in denen Migrantinnen überrepräsentiert sind: Ein Drittel arbeitet in der Beherbergung und Gastronomie, 42 Prozent im Bereich der Unternehmensdienstleistungen – dazu zählen Gebäudereinigung und Leiharbeit. Auch daran hat sich wenig geändert. Das spiegelt sich im Einkommen wider: Ausländerinnen haben 2011 um 3100 Euro weniger verdient als Österreicherinnen (18.400 Nettojahreseinkommen). Lag das Einkommen von Frauen aus der EU/EWR auf dem Niveau der Österreicherinnen, lag das von Türkinnen um rund 5500 Euro darunter. Aber diese Schere schließt sich der Statistik nach – was auch am höheren Anteil an EU/EWR-Ausländerinnen liegen mag. Auch in anderen Bereichen nähern sich die Lebensumstände: Gebären Ausländerinnen hierzulande im Schnitt 2,0 Kindern (Österreicherinnen: 1,4 Kinder), sinkt die Kinderzahl bei Einbürgerung auf statistische 1,5.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2015)

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