StGB neu: Neue Delikte, Sprache und Strafen

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Die Koalition steht vor der Einigung auf ein neues Strafgesetzbuch. Das Delikt Cybermobbing wird eingeführt, Vermögensdelikte werden weniger, Delikte gegen Leib und Leben strenger bestraft. Die wichtigsten Punkte im Überblick.

Wien. Es wird ernst: Die Verhandlungen der Koalition zur Reform des Strafgesetzbuchs (StGB) stehen kurz vor dem Abschluss. Den politischen Gesprächen (in erster Linie zwischen dem von der ÖVP nominierten Justizminister, Wolfgang Brandstetter, und Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser auf SPÖ-Seite) war ein Expertenpapier vorangegangen. Vierzig Jahre nach dem Inkrafttreten soll das Gesetz eine Rundumerneuerung erfahren. Das sind die wichtigsten Punkte, auf die sich die Koalition einigen dürfte.

1 Neue Tatbestände werden verankert, um bestehende Lücken im Strafrecht zu schließen.

An manche Delikte konnte das alte Gesetz von 1975 noch gar nicht denken, zum Beispiel an Cybermobbing. Wer im Internet die Privatsphäre von jemandem so stark verletzt, dass dieser in seiner Lebensführung beeinträchtigt wird, soll künftig vor dem Richter landen können. Hier geht es etwa um das Veröffentlichen von ehrenrührigen Fotos. Auch ein neues Sexualdelikt ist in Planung, das eine Lücke im Strafrecht schließen soll. Es geht um Fälle, in denen der Geschlechtsverkehr zwar nicht mit Gewalt erzwungen wird (dann wäre es eine Vergewaltigung), der Akt aber trotzdem ohne Konsens stattfindet. Bisher konnte man in solchen Fällen nur prüfen, ob eine sexuelle Belästigung (bis zu sechs Monate Haft) oder geschlechtliche Nötigung (bis zu fünf Jahre Strafe) vorliegt. Der neue Tatbestand soll nun zwischen den beiden Delikten liegen, auch, was die Strafhöhe betrifft.

2 Bestehende Tatbestände werden präziser gefasst, um die Richtigen zu treffen.

Der Landfriedensbruch dürfte neu formuliert und präzisiert werden. Kritiker hatten moniert, dass dieser zu leicht (und etwa auch auf Fußballfans oder beim Ausarten von Demonstrationen) angewandt werde. Die Verhetzung wird ebenfalls präziser gefasst. Der Tatbestand ist bisher sehr allgemein formuliert, weswegen schwer prognostizierbar war, ob eine Äußerung schon als Verhetzung gewertet werden muss. Zudem soll es für die Strafbarkeit bereits ausreichen, vor einer kleineren Gruppe hetzerische Äußerungen zu tätigen.

3 Die Strafhöhen verschieben sich, neue Wertgrenzen werden im Gesetz eingeführt.

Die Stoßrichtung der Reform: Vermögensdelikte werden eher schwächer, Delikte gegen Leib und Leben (Körperverletzung) stärker bestraft. Bei Vermögensdelikten ergibt sich die mildere Bestrafung schon durch eine Verschiebung der Wertgrenzen (bei deren Überschreitung es striktere Sanktionen gibt). Aus der Wertgrenze von 3000 dürften 5000 Euro werden, aus 50.000 nun 300.000 Euro. Das betrifft etwa Diebstähle, aber auch die Untreue.

Auch die Gewerbsmäßigkeit, an die höhere Strafen geknüpft werden, wird nicht mehr so schnell erfüllt sein. Bisher war man als Ladendieb schon mit dem ersten Delikt ein gewerbsmäßiger Täter, wenn man nur vorhatte, öfter zu stehlen. Künftig gibt es hier mehr Milde. Im Drogenstrafrecht (ein Gesetz abseits des StGB) ist eine neue Kiffer-Klausel geplant: Drogenbesitz und -erwerb soll straffrei sein, wenn man das Cannabis für sich oder andere Konsumenten verwendet und nach dem Erwischtwerden mit Gesundheitsbehörden kooperiert. Für Verhetzung hingegen dürften die Strafen steigen.

4 Die Sprache im Gesetz soll modernisiert, Ausdrücke sollen neu formuliert werden.

Bei der Reform will man darauf achten, dass die Sprache moderner wird. So rügen Kritiker, dass im StGB von „geistig abnormen“ Rechtsbrechern die Rede ist und der Verhetzungsparagraf von „Kriterien der Rasse“ spricht.

Das neue StGB soll demnächst in Begutachtung geschickt werden – und nachdem es das Parlament passiert hat, ab 2016 gelten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.03.2015)

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