Steuerreform: 60 Prozent Steuer für „Millionäre“

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SPÖ und ÖVP wollen den Spitzensteuersatz auf das Rekordniveau von 60 Prozent erhöhen. Fix scheinen auch die Erhöhung der KESt auf Dividenden sowie eine Erhöhung der Steuer auf Diesel.

Wien. Wird Österreich schon bald den höchsten Spitzensteuersatz in ganz Europa haben? Geht man vom aktuellen Verhandlungsstand in Sachen Steuerreform aus, scheint dies immer realistischer. Sowohl aus Kreisen der SPÖ als auch aus jenen der ÖVP wird ein Spitzensteuersatz von 60 Prozent genannt. Dieser soll künftig für „Einkommensmillionäre“ gelten. Aktuell führt Schweden mit einem maximalen Spitzensteuersatz von 56,6Prozent (je nach Gemeindesteuern) das Europa-Ranking an. Österreich ist mit 50Prozent ohnedies schon jetzt im Spitzenfeld.

Österreich geht also den Weg Frankreichs, das vor wenigen Jahren sogar einen Spitzensteuersatz für Millionäre von 75 Prozent eingeführt hat. Zuerst flohen die Reichen aus dem Land, dann kippte der Verfassungsrat das Gesetz. Mittlerweile liegt der Spitzensteuersatz in Frankreich wieder unter 50 Prozent.

Und Österreich? Es geht nicht um internationale Reputation, sondern um jene des SPÖ-Kanzlers. Werner Faymann bekommt eine Millionärssteuer, im Gegenzug verzichtet die SPÖ endgültig auf Erbschafts- und Schenkungssteuer. Laut Statistik Austria gibt es gerade einmal 416 „Einkommensmillionäre“ in Österreich. Laut Regierungskreisen soll die Reichensteuer 50 Millionen Euro bringen.

Ein geradezu lächerlicher Betrag bei einer Steuerreform mit einem Gesamtvolumen von fünf Milliarden Euro. Am 17. März soll das Papier präsentiert werden. Am Freitag wird der letzte Verhandlungsmarathon gestartet. Die Regierung hat ihn bis Sonntag anberaumt. Sollte das nicht reichen, könnte auch noch am Montag nachverhandelt werden, heißt es. Der Faktor Arbeit soll um 3,5Milliarden Euro entlastet werden, Familien und Unternehmen um 1,5 Milliarden. Die Gegenfinanzierung steht nach wie vor auf sehr tönernen Füßen: Eine Milliarde soll etwa der Kampf gegen Steuerbetrug einbringen. Und im Kampf gegen Steuersünder setzt die Regierung auf die Registrierkassenpflicht –und hier vor allem in der Gastronomie.

Ebenfalls auf „Reiche“ zielt die Erhöhung der Kapitalertragsteuer (KESt) auf Dividenden ab. Sie soll von 25 auf 30 Prozent erhöht werden. Dies würde Steuereinnahmen von 200Millionen Euro bringen. Die KESt auf Sparbücher soll unverändert bleiben.

Um allerdings zwei unterschiedliche KESt-Sätze einzuführen, muss das Endbesteuerungsgesetz geändert werden, meinen Steuerexperten auf Anfrage der „Presse“. Dieses Gesetz besagt, dass derzeit nur ein einheitlicher Steuersatz auf alle Kapitaleinkünfte möglich ist. Problem: Es ist ein Verfassungsgesetz. Die Regierung braucht also die Stimmen von FPÖ oder Grünen, um dieses Gesetz abzuändern.

Am Montag verdichteten sich die Hinweise, dass die Grünen sich als Steigbügelhalter der Steuerreform erweisen könnten. Denn plötzlich kursierten erstmals Gerüchte über „ökologische Ansätze“ bei der Steuerreform. War eine Erhöhung der Mineralölsteuer (MÖSt) in den vergangenen Wochen und Monaten kein Thema, so kommt eine solche just in der finalen Phase der Verhandlungen plötzlich ins Spiel. Dem Vernehmen nach wird überlegt, die MÖSt auf Diesel zu erhöhen und jener auf Benzin anzugleichen. Dies würde knapp eine halbe Milliarde Euro in die Steuerkasse spülen. Und: Damit würde die Regierung auch eine seit Langem erhobene Forderung der Grünen erfüllen.

Bei den Autofahrerklubs und in der Kfz-Industrie herrscht seit Montag Alarmzustand. Der Verkehrsklub Arbö erinnerte in einer Aussendung, dass allein in den vergangenen zehn Jahren in Österreich dreimal die Mineralölsteuer, fünfmal die NoVA-Regelung sowie die motorbezogene Versicherungssteuer und der Sachbezug für Dienstkraftwagen erhöht worden sind.

Den größten Brocken zur Finanzierung der Steuerreform – nämlich 1,5 Milliarden Euro – sollen bekanntlich die Länder und Gemeinden aufbringen. Hier regt sich schon lang Widerstand gegen Finanzminister Hans Jörg Schelling. Endgültig eskaliert ist der Streit allerdings im Zuge des Hypo-Desasters in der vergangenen Woche. Finanzminister Schelling will keinen Cent Bundesgeld mehr in die Hypo-Abbaugesellschaft Heta stecken. Als Folge wurden die Haftungen der anderen Landes-Hypos in Höhe von 1,2 Mrd. Euro schlagend. Diese neue Konstellation spiele nun auch in die Steuerreformverhandlungen hinein. Am Montag gab es eine sogenannte Aussprache zwischen dem niederösterreichischen Finanzlandesrat, Wolfgang Sobotka, und Schelling.

DER FAHRPLAN

Weitere Infos:www.diepresse.com/steuernDie Steuerreform soll bis Dienstag nächster Woche politisch vereinbart und präsentiert werden (17.März). Von Freitag bis Sonntag wurden Verhandlungen der politischen Gruppe mit Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner angesetzt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2015)

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