Aufstand der vergessenen Pflegekräfte droht

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Während Länder wie Wien noch mit den Spitalsärzten wegen der Arbeitszeiten kämpfen, ist die Erhöhung der Gehälter tausender Krankenpfleger völlig unklar. Diese mobilisieren schon bei Betriebsversammlungen.

Wien/Salzburg/Linz. Sie stehen in den Krankenhäusern stets im Schatten der Ärzte. So ist das jetzt auch bei der Neuregelung der Arbeitszeiten in den Krankenhäusern. Diese nach jahrelanger Nichtbefolgung von EU-Vorschriften vor wenigen Monaten mittels Bundesgesetz fixierte Lösung gilt auch für tausende Pflegekräfte in heimischen Krankenhäusern. Seit Wochen hält der Konflikt zwischen einzelnen Bundesländern und den Spitalsärzten mit dem vorläufigen Höhepunkt, dem Platzen der Vereinbarung in Wien, vor allem auch die Patienten im Bann (siehe auch S. 9). Denn diese leiden – vorerst noch überaus geduldig – längst unter längeren Wartezeiten in den Spitälern.

In der Öffentlichkeit wurde großteils übersehen, dass die Verringerung der Arbeitszeit von 60 auf maximal 48 Stunden pro Woche und maximal 13 Stunden hintereinander seit 1. Jänner 2015 auch für das Pflegepersonal gilt. Bei diesen steht allerdings die nächste Kraftprobe bevor. Denn die Pflegekräfte drängen mit dem Hinweis, dass ihnen mehr Kompetenzen zugestanden und damit zusätzliche Arbeiten aufgehalst werden, auch auf eine bessere Honorierung.

Sozialminister sieht Länder am Zug

Die Präsidentin des österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbandes, Ursula Frohner, hat den auf Bundesebene für die Arbeitszeiten zuständigen Sozialminister, Rudolf Hundstorfer (SPÖ), darauf vor Kurzem persönlich aufmerksam gemacht. Hundstorfer bekundete Verständnis, hielt sich aber sonst weitgehend zurück. Der Grund dafür: Der Sozialminister ist zwar für die im Herbst des Vorjahres beschlossene neue gesetzliche Rahmenbedingung zuständig. Die Umsetzung liegt allerdings – wie bei den Ärzten – bei den Bundesländern. Außerdem hat Hundstorfer jede Menge ungelöster Probleme am Hals: wie umstrittene Pensionsfragen oder, dass er zuletzt wegen akuten Geldmangels sogar glatt Nein zum Ausbau der Palliativmedizin gesagt hat. Dabei geht es um vergleichsweise läppische 18 Millionen Euro.

Späte Verhandlungen ab 24. März

In den Ländern stehen beim Pflegepersonal die Zeichen auf Sturm: So gab es in Salzburg in der Vorwoche landesweit Betriebsversammlungen. Bei jener im Salzburger Landeskrankenhaus wurde die Drohung mit Dienst nach Vorschrift in einzelnen Bereichen laut, Mitarbeiter hatten Schilder mit der Aufschrift „Ca-Revolution“ mitgebracht.

Oberösterreich ist das erste Bundesland, in dem es Verhandlungen von Vertretern des Landes und der massiv betroffenen Gemeinden mit den Gewerkschaftern der Pflegekräfte gibt – ab dem 24. März. Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) hat versichert, trotz des späten Verhandlungsstarts würden die Gespräche so rechtzeitig abgeschlossen, dass es bis Juli 2015 eine Lösung gebe.
Oberösterreichs Landesspitze und auch die Gemeindepolitiker stehen besonders unter Druck. Denn nach dem Sommer finden aller Voraussicht am 27. September sowohl die Landtagswahl als auch die Gemeinderats- und Bürgermeisterdirektwahlen statt. Die Politiker sind in einer Doppelmühle: Die Spitalspatienten sollen vor den Wahlen keinesfalls verunsichert oder durch längere Wartezeiten vergrämt werden. Zugleich sind eventuell erboste tausende Pflegekräfte ein nicht zu unterschätzender Faktor. Die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten mit ihrem Landesvorsitzenden, Norbert Haudum, war nun vor den Verhandlungen am Dienstag in Klausur.

Gesetzliche Grundlage hängt in der Luft

Oberösterreich hat noch ein Problem: Das Kräftemessen um die Gehälter der Spitalsärzte ist nicht völlig ausgestanden. Dort entscheiden die Ärzte in einer Urabstimmung erst nach Ostern, also im April, wie in Wien über die Annahme der Gehaltsvereinbarung zwischen Land und Ärztekammer.

Neben der Ungewissheit um die finanziellen Auswirkungen für tausende Pflegebedienstete bundesweit in den Krankenhäusern hat die Umstellung einen anderen entscheidenden Haken. Die notwendige Nachjustierung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GuKG) hängt vorerst in der Luft. Oder genauer gesagt, irgendwo in der Koalition zwischen dem Gesundheitsministerium von Sabine Oberhauser und dem „Spiegelressort“, dem Justizministerium mit Wolfgang Brandstetter. Mit diesem müssen diese Gesetzespläne regierungsintern vor einem Beschluss abgeklärt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.03.2015)

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