Steuerreform: Erbschaftssteuer durch Hintertür

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Die Erbschaftssteuer ist zwar vom Tisch, als Kompromiss bahnt sich nun aber eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer bei Erbschaften an. Die Grundsteuer bleibt hingegen unverändert.

Wien. Viele Details der Steuerreform sind zwischen SPÖ und ÖVP nach wie vor ungeklärt und dürften erst im letzten „Marathon“ am Wochenende festgelegt werden. Dennoch lichten in grundsätzlichen Punkten sich zunehmend die Nebel. So vor allem in der Frage, ob und welche vermögensbezogenen Steuern eingeführt oder erhöht werden. Sowohl bei Vermögen- als auch Erbschaftssteuer legte die ÖVP sich ja quer. Eine Position, die die SPÖ nach langem Murren akzeptierte. Damit die Kanzlerpartei aber nicht mit leeren Händen aus den Verhandlungen kommt, bahnen sich nun einige Kompromisse an. Neben höheren Steuern auf Höchsteinkommen und Aktiendividenden dürften auch Immobilienerbschaften künftig stärker besteuert werden, und zwar in Form einer erhöhten Grunderwerbsteuer. Der „Presse“ wurden entsprechende Verhandlungen in Kreisen von SPÖ und ÖVP bestätigt. Keine Anhebung gibt es dafür bei der laufenden Grundsteuer.

Grunderwerbsteuer

Die Grunderwerbsteuer gilt seit der Aufhebung der Erbschaftssteuer durch den Verfassungsgerichtshof im Jahr 2008 als Kompensation. Zwei Prozent vom dreifachen Einheitswert müssen Familienangehörige bezahlen, wenn sie Immobilien erhalten. Unabhängig davon, ob sie die Immobilien gekauft, geschenkt bekommen oder geerbt haben. Außerhalb der Familie müssen hingegen 3,5 Prozent vom Verkehrswert bezahlt werden – auch wenn geschenkt oder geerbt wurde.

Bei der Grunderwerbsteuer sieht man in der SPÖ nun den Ansatzpunkt, die Erben doch noch zur Kasse zu bitten. Etwa, indem der Tarif in der Familie angehoben wird. Konkrete Zahlen werden nicht genannt. Luft nach oben gibt es aber im EU-Vergleich. So bezahlt man in Deutschland bis zu 6,5 Prozent, in Belgien sogar bis zu 12,5 Prozent. Eine Anhebung um einen Prozentpunkt brächte rund 40 Millionen Euro. Die ÖVP soll sich diesem Vorschlag nicht komplett verschließen. Sie würde ja ihre Vorgabe einhalten, wonach keine Erbschaftssteuer eingeführt werden darf.

Grundsteuer

Sie ist das Liebkind von heimischen Ökonomen, OECD oder IWF. Egal, welche Experten das österreichische Steuersystem untersuchen, eine Empfehlung kommt immer: Wenn Österreich höhere Steuereinnahmen brauche, solle man doch die Grundsteuer anheben. Von vielen wurde daher auch erwartet, dass es nun so weit sei. Doch die Grundsteuer wird entgegen allen Expertenempfehlungen unverändert bleiben.

Drei Gründe sind dafür verantwortlich: Erstens würden sowohl SPÖ als auch ÖVP damit eine für sie wichtige Klientel treffen. Bei der sogenannten Grundsteuer A, die für landwirtschaftliche Flächen gilt, sind es die Bauern. Verschlechterungen für diese ÖVP-Kernwählerschicht gelten als tabu. Bei der Grundsteuer B, die für Immobilien gilt, trifft es neben allen Eigenheimbesitzern vor allem auch die Stadt Wien als einen der größten Immobilieneigentümer des Landes. Zudem würde die Grundsteuer über die Betriebskosten auf alle Mieter abgewälzt. Kein Landeshauptmann oder Wiener Bürgermeister, der heuer eine Landtagswahl zu schlagen hat, will Mieter oder Häuselbauer verärgern. Zudem ist die Grundsteuer eine Gemeindesteuer. Der Bund müsste sie sich erst über den umständlichen Umweg des Finanzausgleichs zurückholen.

Lohnsteuer

Da fast nur noch über neue Steuern diskutiert wird, geht der eigentliche Grund für die Steuerreform – die Senkung der Lohnsteuer – beinahe unter. Hier herrscht im Grundsatz seit Längerem Konsens. Der Einstiegssteuersatz soll von 36,5 auf 25 Prozent gesenkt werden. Offen ist, bis zu welcher Einkommenshöhe. Die SPÖ will das gesamte Volumen von fünf Milliarden Euro für die Entlastung der Arbeitnehmer, die ÖVP will spätestens bei 4,3 Milliarden stoppen und den Rest für die Entlastung von Unternehmen und Familien.

Aus diesem Volumen ergeben sich die Einkommensgrenzen, ab denen der nächsthöhere Steuersatz anfällt. Dem Vernehmen nach soll der 25-Prozent-Satz laut Wunsch der SPÖ bis zumindest 17.000 Euro Lohnsteuerbemessungsgrundlage gelten, die ÖVP will ihn bis 16.000 Euro (11.000 Euro sind steuerfrei). Die Grenze für den bisherigen Spitzensteuersatz von 50 Prozent soll von 60.000 auf 80.000 Euro steigen. Nach wie vor im Gespräch ist ein neuer Spitzensteuersatz für „Millionäre“. Dass dieser, wie berichtet, bei 60Prozent liegen wird, sei noch nicht paktiert, hieß es am Dienstag aus Verhandlerkreisen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.03.2015)

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