Wiener Wahlrecht: ÖVP droht mit Verfassungsgericht

Archivbild: Landesparteichef Manfred Juraczka
Archivbild: Landesparteichef Manfred JuraczkaClemens Fabry / Die Presse
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Die Wiener ÖVP bezeichnet die Landtagssitzung, bei der es am Freitag um ein neues Wahlrecht geht, als "Elchtest für die Demokratie".

Die Wiener ÖVP ist der festen Überzeugung, dass die SPÖ am Freitag im Landtag nicht umhinkommt, Anträge zur Änderung des Wahlrechts zur Abstimmung zuzulassen. Die Schwarzen haben ihre Ansicht am Montag mit einem beauftragten Rechtsgutachten des Verfassungsjuristen Heinz Mayer untermauert. Sollten die Roten trotzdem blockieren, sei der Gang vor den Verfassungsgerichtshof durchaus eine Möglichkeit.

Nach der gescheiterten rot-grünen Wahlrechtsreform wollen die Grünen nun bekanntlich mit der Opposition gemeinsame Sache machen und doch noch den Mehrheitsfaktor aus dem Wahlrecht - der vor allem die SPÖ begünstigt - eliminieren. Möglich werden soll das mit einem sogenannten Zusatzantrag, den die drei Fraktionen dank gemeinsam 51 Mandaten gegen die SPÖ (49 Mandate) beschließen könnten. Er soll eingebracht werden, wenn die fix auf der Tagesordnung stehenden höchstgerichtlich angeordneten Wahlrechtsreparaturen (Wahlkartenfrist und Wahlausschließungsgründe) behandelt werden. Fraglich ist allerdings, ob der von der SPÖ gestellte Landtagspräsident Harry Kopietz eine Abstimmung über den Bereich der künftigen Mandatsermittlung überhaupt zulassen muss.

Für die Volkspartei gibt es darüber keine Zweifel. "Der Zusatzantrag muss selbstverständlich zugelassen werden", sah Landesparteichef Manfred Juraczka vor Journalisten keinen diesbezüglichen Ermessensspielraum. Er verwies auf ein von der ÖVP in Auftrag gegebenes aktuelles Rechtsgutachten von Verfassungsjurist Mayer, das auch an die Medienvertreter verteilt wurde. Das Argument: Laut Geschäftsordnung können Zusatzanträge ohne inhaltliche Einschränkung gestellt werden, solange sie mit der Gesetzesmaterie per se etwas zu tun haben. "Daher können auch Änderungen der Bestimmungen über das Ermittlungsverfahren in die Beratung und Beschlussfassung (der Änderungen in Sachen Wahlkartenfrist und Wahlausschließungsgründe, Anm.) einbezogen werden", schreibt Mayer. Kopietz könne Anträge zudem nur in formeller Hinsicht prüfen "und nicht, ob er ihm inhaltlich gefällt oder nicht", ergänzte ÖVP-Abgeordneter Wolfgang Ulm.

"Option" Verfassungsgerichtshof und nachträgliche Aufhebung

Sollten die Roten trotzdem eine Abstimmung über das Papier verhindern, "gibt es Möglichkeiten bis zum Gang vor den Verfassungsgerichtshof" inklusive eventueller nachträglicher Aufhebung der Wien-Wahl 2015, drohte Juraczka: "Wir halten uns diese Option offen." Man könne dann nicht einfach zur Tagesordnung übergehen: "Ich werde mich sicher nicht in die Ecke stellen und die Luft anhalten." Die ÖVP rechnet damit, dass Kopietz bereits am Mittwochnachmittag im Zuge der Präsidiale sein geplantes Vorgehen kundtun wird.

Juraczka bezeichnete die Landtagssitzung am Freitag gar als "Elchtest für die Demokratie". Es sei "alles andere als ein Kavaliersdelikt, wenn eine Minderheit - und die SPÖ ist hier in der Minderheit - eine klar definierte Mehrheit vom Gesetzgebungsprozess abhalten will". Denn parlamentarische Spielregeln außer Kraft zu setzen, lasse eher an "autoritär geprägte Länder" als an moderne Demokratien denken. Kritik gab es aber auch in Richtung Grünen. Man hätte schon viel früher gemeinsame Sache machen können. "Die SPÖ hätte ihre Blockadehaltung nicht so lange durchgehalten. Jetzt läuft uns die Zeit davon", so Juraczka.

Trotzdem werden die Schwarzen am Freitag die von den Grünen begehrten Änderungen der Geschäftsordnung unterstützen, wie sie heute erneut betonten. Dieser Trick soll u.a. den Spielraum des Landtagspräsidenten in puncto Zusatzanträge einschränken. Ob die Sache für den Mandatsermittlungs-Antrag in der selben Sitzung überhaupt schon wirksam ist, ist allerdings umstritten. Die Grünen meinen ja, die SPÖ nein.

(APA)

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