Einsparungen: Die nächste Front im Ärzteprotest

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Nicht nur die Spitalsärzte, auch die niedergelassenen Mediziner machen nun mobil. Sie wenden sich gegen Kürzungen durch Krankenkassen.

Wien. „Es ist nicht nur das Recht, sondern die Pflicht einer ärztlichen Standesvertretung, auf drohende Leistungseinschränkungen und auf eine potenzielle Verschlechterung in der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung rechtzeitig hinzuweisen.“ Mit diesen Worten ist der Präsident der Bundesärztekammer, Artur Wechselberger, gemeinsam mit den Chefs aller Landeskammern Kritik der Politik entgegengetreten.

Den Standesvertretern war vorgeworfen worden, im Zusammenhang mit dem Arbeitszeit-Konflikt der Spitalsärzte die Patienten zu verunsichern. Die Ärztekammer beharrt in ihrem jüngsten Schreiben von gestern, Donnerstag, darauf, dass es bereits für Kranke „spürbare Engpässe“ gebe.

Gleichzeitig eröffneten am selben Tag die niedergelassenen Ärzte eine neue Front. Sie machen gegen Deckelungen und Senkung bei den Kosten mobil. Die „willkürlichen Begrenzungen“ bei der Verrechnung mit den Krankenkassen führten zu Engpässen in der Patientenversorgung, klagte Vizepräsident Johannes Steinhart. Und dies werde nun virulenter, weil die Spitäler sich auf ihren Kernbereich zurückziehen, meinte er.

„200 Euro hinlegen“

Der Radiologen-Obmann Friedrich Vorbeck assistierte: Die Wartezeit auf eine Magnetresonanztomografie (MRT) betrage derzeit bis zu zwölf Wochen. Dies führe direkt in die Zwei-Klassen-Medizin. Ein Patient, der „200 Euro hinlegen“ könne, bekomme die Untersuchung „natürlich“ sofort. Auch in der Physikalischen Medizin seien die Probleme groß, so Fachgruppenobmann Friedrich Hartl. Seine Schalterkräfte benötigten psychologische Supervision, um die Aggression abgewiesener Patienten zu ertragen. Er wies die Schuld nicht der Sozialversicherung zu – „die können nicht anders“. Verantwortlich dafür sei der Gesetzgeber beziehungsweise seien die Vorgaben in der Bundeszielsteuerung.

Genau darauf nahm der Hauptverband der Sozialversicherungsträger Bezug. Ausgabenbegrenzungen erfolgten im Auftrag des Gesetzgebers. Und: Diese dienten der finanziellen Sicherung der medizinischen Versorgung, hieß es in einem Pressetext das bereits im Vorfeld der Ärztekammer-Pressekonferenz verteilt wurde.

Zur Untermauerung der Rechtskonformität von Ausgabenobergrenzen wurde auch auf eine Bestimmung im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) sowie auf eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs und die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs verwiesen. Die Limitierungen von Kosten seien ein Steuerungsinstrument, um eine zu häufige Leistungserbringung zu verhindern. Betriebswirtschaftlich sei es geboten, dass der Kassentarif mancher Positionen mit der Anzahl der Leistungen sinke. Schließlich gingen auch die Fixkosten pro Leistung mit der Anzahl der erbrachten Leistungen zurück.

Die Deckelung bei Labormedizin und Radiologen diene zur Umverteilung des Umsatzes zu Allgemeinmedizinern. Außerdem ermögliche das Zurücknehmen der Kostenerstattung die Förderung der Landmedizin: Man könne Praxen mit weniger Leistungen mehr bezahlen, wenn Großpraxen weniger pro Leistung bekämen.

Die Ärztekammerpräsidenten weisen in ihrem Schreiben darauf hin, dass sich der jahrelang verschleppte Ausbau des niedergelassenen Bereichs räche. Die versäumte Anpassung der Kassenarztstellen an demografischen Verhältnisse bringe es mit sich, dass die niedergelassenen Vertragsärzte die Betreuung der aus den Ambulanzen ausgelagerten Patienten nicht übernehmen könnten. (red./APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.03.2015)

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