Bludenz: Wahlkarten ohne Vollmachten ausgegeben

Bludenz: Wahlkarten ohne Vollmachten ausgegeben
Bludenz: Wahlkarten ohne Vollmachten ausgegeben APA/DIETMAR STIPLOVSEK
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Die ÖVP wollte Bürgern Wahlkarten "als Service" nach Hause zustellen. Die Polizei ermittelt.

In Bludenz wurden in den vergangene zwei Wochen Wahlkarten ohne Vollmachten ausgegeben. Dahinter steckt die Stadt-ÖVP, die Bludenzer Bürgern Wahlkarten "als Service" nach Hause zustellen wollte. Derzeit werden mehrere Fälle überprüft, in denen nicht klar ist, ob die Wahlkarte die Person, auf die sie ausgestellt wurde, erreicht hat. Die Polizei ermittelt.

"Wir sind gerade dabei diese Fälle genauestens zu überprüfen", betonte Bürgermeister Josef "Mandi" Katzenmayer am Freitag. Konkret gehe es um 70 bis hundert Fälle. In diesen kontaktiere man nun die betreffenden Wähler, um festzustellen, ob die Wahlkarten bei ihnen eingetroffen sind. Katzenmayer sieht darin zwar ein Wahlvergehen ("Dass in manchen Fällen keine Vollmachten vorliegen, ist ein Fehler") aber keinen Wahlbetrug. Er spricht von "Übereifer" und einer "Überservicierung" der Bludenzer ÖVP. "Eine Einflussnahme oder Manipulation der Wahlkarten hat zu keiner Zeit stattgefunden", versicherte Katzenmayer, der sich am Sonntag in einer Stichwahl mit dem SPÖ-Kandidaten Mario Leiter messen muss. Zu diesem Schluss sei auch die Wahlkommission bisher gekommen.

Polizei ermittelt

Fest steht allerdings, dass eine Ausgabe von Wahlkarten an Fremde ohne Vollmacht der berechtigten Person ungesetzlich ist. Aus diesem Grund ermittelt auch die Polizei, bestätigte Polizeisprecherin Susanne Dilp. Es werde in dieser Sache einen Abschlussbericht geben, sie könne aber noch nicht sagen, bis wann dieser vorliege. Im Fall von Verstößen gegen das Wahlgesetz werde auch Anzeige erstattet, so Dilp.

Eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft ist laut Katzenmayer nicht eingebracht worden. Eine Wahlbehörde ist laut dem Leiter der Staatsanwaltschaft, Wilfried Siegele, verpflichtet, Anzeige zu erstatten, wenn es einen Verdacht auf Wahlbetrug oder -manipulation gibt.

Ohne jegliches Misstrauen gegenüber seinem Konkurrenten blieb am Freitag Herausforderer Leiter. Er sei überzeugt, dass die Behörde diesen Unstimmigkeiten gewissenhaft nachgehe, betonte er. Eine Ausgabe von Wahlkarten ohne Vollmachten sei aber "bedenklich". "Der Fehler liegt beim Amt", sagte Leiter. Den Wahlkampf in Bludenz bezeichnete er als "fair und getragen von Wertschätzung". Es sei "schade, dass wegen dieser Vorfälle nun ein grauer Schatten" über der Stadt liege.

Aufmerksam war man auf Unstimmigkeiten bei der Wahlkartenausgabe am Donnerstag geworden, als eine Frau ihre Wahlkarte im Rathaus abholen wollte, diese aber bereits an eine andere Person ausgehändigt worden war. Die Abholerin hatte den Service anscheinend mit der Mutter der Wahlberechtigten ausgemacht.

Die Bürgermeister-Stichwahl am Sonntag wird laut Bludenzer Rathaus auf jeden Fall stattfinden. Aufgrund des "formalen Vergehens" sei sie aber anfechtbar. Ob Leiter die Wahl anfechten wird, wird sich wohl erst nach der Wahl zeigen. In diesem Fall müsste der Verfassungsgerichtshof (VfGH) prüfen, ob ein Verfahrensfehler bestanden hat und ob dieser das Wahlergebnis beeinflusst hat.

Bereits einmal Wahlwiederholung

Unstimmigkeiten beim Ergebnisprotokolls eines Wahlsprengels hatten in Bludenz bereits einmal eine Wiederholung der Gemeindevertretungswahl nach sich gezogen. Im Jahr 2000 hatten aus diesem Grund zwei dazu nicht befugte Beamte des Rathauses in der Nacht nach dem Urnengang eine Nachzählung durchgeführt und auch gleich das Ergebnis korrigiert. Ein Mandat wanderte von der SPÖ zur ÖVP.

Die SPÖ focht die Wahl daraufhin an und bekam Recht. Die Gemeindewahl musste im Jänner 2001 wiederholt werden. Sie brachte der SPÖ einen Stimmenzuwachs von 2,1 Prozentpunkten (33,62 Prozent) und ein weiteres Mandat in der Stadtvertretung. ÖVP und Freiheitliche konnten hingegen nur mit Mühe ihre für eine Fortführung der Koalition nötige 50-Prozent-Mehrheit (40,01 bzw. 10,10 Prozent) verteidigen.

(APA)

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