Grasser gegen Haunold: Was hinter der Klage steckt

Steuerberater Peter Haunold
Steuerberater Peter HaunoldAPA/HERBERT NEUBAUER
  • Drucken

Es kommt nicht alle Tage vor, dass der Kläger den Beklagten entlastet. Grasser tut es.

Seit 2010 läuft gegen Karl-Heinz Grasser ein Finanzstrafverfahren. Ihm wird zum Vorwurf gemacht, er habe grob fahrlässig oder gar vorsätzlich Abgaben in der Höhe von 5,4 Mio. Euro hinterzogen. Wird er verurteilt, droht ihm eine Strafe von bis zu 15 Mio. Euro. Grasser bestreitet die Vorwürfe mit Vehemenz. Er habe sich von Anfang an von einem ausgewiesenen Experten, dem Steuerberater Peter Haunold von der Wirtschaftsprüfungskanzlei Deloitte, beraten lassen und ihn beauftragt, ein Modell zu konzipieren, das folgende Zielvorgaben erfüllt: Altersvorsorge, Diskretion gegenüber der österreichischen Öffentlichkeit und Risikoabsicherung. Schlussendlich habe er nur gemacht, wozu ihm Haunold geraten habe.

Grasser ist auch nach wie vor davon überzeugt, dass die von seinem damaligen Steuerberater vorgeschlagene Stiftungsstruktur korrekt ist. Und nicht nur er ist dieser Meinung. Der Steuerberater und Sachverständige Thomas Keppert, der Grasser heute berät und ihn sowohl in seinem Abgaben- als auch im Finanzstrafverfahren vertritt, betont: „Die von Haunold gewählte Konstruktion ist rechtlich vertretbar.“ Nachsatz: „Ich hätte ihm allerdings dazu sicher nicht geraten.“ Ein Gutachten des renommierten Steuerberaters Christian Ludwig kommt zum gleichen Ergebnis (siehe Artikel oben): Die von Haunold vorgeschlagene Struktur sei State of the Art, eine Steuerverkürzung nicht erkennbar.

>>> Interaktive Grafik: Die Causa Grasser

Angesichts dieser frohen Botschaft drängt sich eine Frage auf: Weshalb geht der ehemalige Finanzminister gegen Haunold und Deloitte überhaupt gerichtlich vor und klagt sie auf Schadenersatz? Grasser erklärt das scheinbar paradoxe Vorgehen der „Presse“: „Der Schritt war notwendig, um eine Verjährung möglicher Ansprüche zu verhindern. Die Klage ist eine Absicherung für den Fall, dass das Finanzstrafverfahren anders ausgeht, als ich das erwarte.“ Sollte der Oberste Gerichtshof zum Ergebnis kommen, die Stiftungskonstruktion war nicht in Ordnung, muss Deloitte Grasser falsch beraten haben, ergänzt Keppert, „und für den Schaden haften. Denn sie haben ja die Struktur erfunden und den Auftrag gehabt, sie dem Finanzamt auch vollständig und rechtzeitig offenzulegen.“

Alles anders

Haunold und Deloitte sehen die Dinge freilich anders: Ihnen sei kein Beratungsfehler anzulasten, die Beratung sei „ordnungsgemäß“ und in Einklang mit den Gesetzen und dem erteilten Auftrag erfolgt. Allerdings sei Grasser in der Umsetzung in wesentlichen und für die steuerliche Beurteilung relevanten Punkten von der von ihnen vorgeschlagenen Struktur abgewichen. Grasser habe diese Veränderungen eigenständig und unter Missachtung des Rates seiner damaligen Berater vorgenommen.

Richter Manuel Friedrichkeit hat nun zu klären, wer recht hat. Das Verfahren ist allerdings noch nicht so richtig in die Gänge gekommen. Nachdem die erste Verhandlung im Juli wegen einer Lungenentzündung Grassers entfiel, traf er erstmals im Oktober vor dem Handelsgericht auf seine Gegner. Grasser begehrte danach, das Verfahren zu unterbrechen, weil ihn das Verfahren so teuer käme. Es sei daher sinnvoll, den Ausgang des Finanzstrafverfahrens abzuwarten. Weder der Richter noch die Beklagten stiegen auf den Vorschlag ein. Erstvergangenen Donnerstag wurde der Prozess fortgesetzt.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.