Kasernensperren: ÖVP legt sich quer

Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ
Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ(c) APA (ROBERT JAEGER)
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Die ÖVP sieht keine Rechtsgrundlage für die Schließung von Bleiburg und Freistadt. Auch die Wehrdienstreform sorgt für Konflikte: Eine Evaluierung fehlt, das Heer will 100 Millionen Euro für neue Sporthallen.

Wien. Während die Zukunft der Kasernen Horn und Tamsweg immer noch umstritten ist, macht ÖVP-Wehrsprecher Bernd Schönegger auf ein weiteres Problemfeld aufmerksam: Für die geplante Schließung der Kasernen in Bleiburg (Kärnten) und Freistadt (Oberösterreich) sowie für zwei Amtsgebäude in Wien würden die rechtlichen Grundlagen fehlen. „Es gibt dafür keinen Ministerratsbeschluss“, sagt Schönegger zur „Presse“. Und ohne diesen dürfe Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) die Standorte nicht einfach schließen.

Damit bringt die ÖVP zwei geplante Kasernenschließungen, denen sie eigentlich schon zugestimmt hatte, wieder aufs Tapet. Generell sei man nämlich eher für die Beibehaltung von Standorten. In den Fällen von Horn und Tamsweg ist man sich ja nicht einmal einig, was genau beschlossen wurde. In einem Ministerratsbeschluss vom Jänner heißt es, dass die beiden Kasernen für eine Übergangsphase bis Ende 2016 bestehen bleiben.

Während das Verteidigungsressort das so interpretiert, dass damit das Ende der militärischen Nutzung mit diesem Datum fixiert ist, pochen die ÖVP und die betroffenen Bundesländer Niederösterreich und Salzburg auf weitere Verhandlungen über die Zukunft der Standorte. Im Ministerratsbeschluss heißt es nämlich auch, dass über die weitere Vorgangsweise der Nutzung eine gemeinsame Lösung mit dem jeweiligen Bundesland angestrebt wird. Wobei sich in den Ländern nicht nur die ÖVP für einen Erhalt der Kasernen starkmacht: Auch die SPÖ-Niederösterreich hat sich zuletzt für die Kaserne in Horn ausgesprochen.

Das Ministerium verweist darauf, dass das Strukturpaket, auf das sich SPÖ und ÖVP Ende Dezember geeinigt haben, als Ganzes im Ministerrat beschlossen wurde. Für Schönegger zu wenig: Jede Kaserne müsse eigens angeführt werden. Im Ministerratsbeschluss werden andere Details der Reform sehr wohl explizit genannt – etwa die Reduktion der Militärmusik.

Die Kasernenstandorte sind aber nicht der einzige Konfliktpunkt zwischen SPÖ und ÖVP. Auch bei der Reform des Grundwehrdienstes kritisiert Schönegger die Vorgangsweise des Ministers. Diese Reform, die nach der Wehrdienst-Volksbefragung Anfang 2013 in Gang gesetzt wurde, sollte jährlich evaluiert werden, erstmals Ende 2014. Der Evaluierungsbericht liege aber immer noch nicht vor.

Klug will 380 Millionen Euro

Auch ein vom Minister eingebrachter Ministerratsvortrag sei nicht die geforderte Evaluierung. Aus diesem nicht veröffentlichten Bericht an den Ministerrat gehe nicht hervor, ob die angekündigten vier Wahlmöglichkeiten für Grundwehrdiener auch flächendeckend angeboten würden, welcher Ausbildungsstand tatsächlich erreicht werde und wie die Rekruten mit dem attraktiveren Wehrdienst zufrieden seien.

Dafür ist in dem der „Presse“ vorliegenden Bericht eine Wunschliste des Ministers angeführt, welche finanziellen Mittel er in den kommenden Jahren für die Attraktivierung des Grundwehrdienstes benötigen würde: In den kommenden Jahren wären das 380 Millionen Euro – noch ohne Berücksichtigung der Inflationsanpassung.

Allein hundert Millionen Euro will Klug in den Neubau von Sporthallen stecken. Der Ausbau der technischen Objektsicherung als Ersatz für den Einsatz von Rekruten als Wachsoldaten würde 35 Millionen Euro kosten, der vermehrte Einsatz von Kaderpersonal für Journaldienste 140 Millionen Und auch der Ersatz der Rekruten als Küchenhilfskräfte schlägt mit 87 Millionen Euro zu Buche. Vergleichsweise billig wären dagegen zwei weitere geplante Maßnahmen zur Attraktivierung: Die Überlassung von Bekleidung nach dem Abrüsten kostet acht Millionen Euro, die Einführung von WLAN in allen Kasernen 2,3 Millionen Euro.

Grundwehrdienst

Nach der Wehrpflicht-Volksbefragung 2013 wurde eine Reform des Grundwehrdienstes beschlossen. Rekruten sollen zwischen vier Modulen wählen können und nicht mehr so häufig als Systemerhalter in der Küche oder im Wachdienst eingesetzt werden. Außerdem sollen sie mehr Sport betreiben. In den Kasernen soll kostenloses WLAN angeboten werden. Die Reform sollte jährlich evaluiert werden, was bisher aber nicht passiert ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2015)

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