Friendly Fire: CV geißelt „Sozialisten“ in der ÖVP

Wanddekoration: Österreichischer Cartellverband.
Wanddekoration: Österreichischer Cartellverband.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Ein Geburtstagsgeschenk der besonderen Art bereitet das Magazin des Cartellverbands der Partei Reinhold Mitterlehners zu deren 70-Jahr-Feiern.

Wien. Am Dienstag die SPÖ, am Mittwoch der ÖGB und am Freitag die ÖVP: Diese innenpolitische Woche steht im Zeichen von 70-Jahr-Feiern. Am Freitag also die ÖVP mit Kardinal Christoph Schönborn (Ehrenmitglied im katholischen Cartellverband, CV) als Hauptzelebrant einer Messe im Wiener Schottenstift und später beim Festakt mit Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ebenfalls CVer) als Hauptredner. Und dabei sind – so viel kann risikolos prophezeit werden – viele Cartellbrüder unter den Funktionären und Sympathisanten der ÖVP, die sich im Prälatensaal einfinden werden. Nicht wenige wohl durch Couleurband und Deckel, der traditionellen Kopfbedeckung, unschwer auf den ersten Blick erkennbar.

Das Maß an Zufriedenheit unter den Cartellbrüdern mit der Performance ihrer parteipolitischen Heimat – der ÖVP natürlich – war schon höher, um es sehr dezent auszudrücken. Weit weniger dezent drückt sich der Chefredakteur der CV-Verbandszeitschrift „Academia“, Herbert Kaspar, in der soeben an alle Mitglieder, auch an Mitterlehner, versendeten Nummer aus. „Die ÖVP gibt sich auf“, lautet der Titel seiner ganzseitigen Abrechnung mit der Partei Mitterlehners. Und das, obwohl der Vizekanzler laut übereinstimmenden Ergebnissen unterschiedlicher Umfragen in der Wählerschaft beliebt wie schon lange kein ÖVP-Bundesobmann mehr zu sein scheint.

Als Grund für die Unzufriedenheit im CV und – was alles andere als ein Widerspruch ist – auch im Wirtschaftsbund der ÖVP muss die laut Regierungsdiktion „größte Steuerreform aller Zeiten“ herhalten. Der CV-Kommentator wörtlich: „Möglicherweise sitzen auch bereits in der ÖVP so viele Sozialisten – wie etwa der neue Vorarlberger Landeshauptmann (Markus Wallner, Anm.) –, dass es der Faymann-SPÖ ein Leichtes war, die Schwarzen über den Tisch zu ziehen.“ Und weiter: „Ein Wahnsinn, wie eine ÖVP hier zustimmen konnte.“

Rettungsaktion für Faymann?

Mitterlehners Vorgänger, Michael Spindelegger, sei zurückgetreten, weil er sich „nicht verbiegen“ lassen wolle. „Nunmehr hat sich die ÖVP unter seinem Nachfolger gewaltig verbogen“, schreibt der Chefredakteur. Tatsächlich handle es sich um eine „Kanzler-Rettungs-Aktion“, denn die Steuerreform sei in Wahrheit ein „Umverteilungspaket“. Es sei keine einzige Strukturverbesserung, keine einzige konkrete Ausgabenreduktion beschlossen worden, so die Wehklage. Auch das Urteil des CVers über Finanzminister Hans Jörg Schelling fällt negativ aus: „Damit ist auch der neue Finanzminister, in den viele ihre Hoffnung gesetzt haben, entzaubert.“

Es scheine, dass sich Werner Faymann, der in Alexis Tsipras „,einen guten Freund gefunden hat“, eher Griechenland als Vorbild nehme als Reformstaaten wie Schweden. Kaspars Resümee, in Anspielung auf das berühmt gewordene „Abgesandelt“-Zitat von Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl: „Unter diesem Kanzler wird Österreich weiter absandeln – und die ÖVP schaut zu.“ Wie gesagt, das Verhältnis zwischen dem CV und der ÖVP war auch schon einmal besser. (d. n.).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2015)

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