Steuern: Jung, ledig, Vollzahler

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Nur Belgien fordert mehr Steuern und Abgaben von seinen kinderlosen Singles als Österreich. Die Steuerreform wird nur kurz für Entlastung sorgen.

Wien. Wen hierzulande beim Blick auf seinen Gehaltszettel das Gefühl beschleicht, langsam in der Mittelschicht angekommen zu sein, sollte sich schleunigst eine Familie zulegen. Oder aber sich damit abfinden, dass er sein Heimatland verhältnismäßig so stark finanziert, wie es kaum ein anderer Staat verlangen würde. Nur Belgien fordert von seinen arbeitenden und kinderlosen Singles mehr Steuern und Abgaben als der heimische Fiskus, zeigen erste Daten, die die OECD für ihren heuer noch unveröffentlichten Steuerbericht „Taxing Wages“ zusammengetragen hat.

Ein durchschnittlicher Verdiener (Jahresbrutto: 42,573 Euro) bekommt von jedem Euro, den sein Arbeitgeber für ihn ausgibt, demnach nur 50,6 Cent überwiesen. Schon bei einem Monatseinkommen von rund 3000 Euro liegt die effektive Abgabenlast in Österreich also bei knapp 50 Prozent. Zum Vergleich: Im OECD-Schnitt liegt dieser Wert bei 36 Prozent. In keinem anderen deutschsprachigen Land stieg die Abgabenlast zuletzt schneller als in Österreich.

Unsichtbare Steuererhöhung

Das gilt, wohlgemerkt, für das Jahr 2014. In Zukunft soll alles anders werden, verspricht die Regierung und plant, die Steuersätze 2016 nach unten zu korrigieren. Doch auch die „größte Steuerreform aller Zeiten“ wird am grundsätzlichen Bild wenig ändern. Denn seit 2010 steigt die Steuer- und Abgabenlast auf Arbeitseinkommen nicht nur in Österreich, sondern in der gesamten OECD kontinuierlich an.

In den wenigsten Fällen mussten die Regierungen dafür aber unangenehme Steuererhöhungen verkünden. Ein Großteil der höheren Abgabenlast fällt ihnen automatisch in den Schoß: Die Löhne steigen zum Ausgleich der Inflation, die Steuerfreibeträge und Steuergrenzen verharren hingegen auf ihren gesetzlichen Niveaus. Diese unsichtbar steigende Steuerbelastung durch das Aufrücken in höhere Einkommensteuerklassen (kalte Progression) wird auch in Österreich die gesamten 4,9 Milliarden Euro Entlastung durch das Steuerpaket bis 2019 wieder zunichtemachen, wie die Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung und die Freie Universität Berlin ausgerechnet haben. Besonders betroffen sind auch hier die Mittelverdiener.

Etwas besser sieht es für all jene Durchschnittsverdiener aus, die sich einen Partner suchen – und noch besser – gemeinsam Kinder zeugen. Freilich, auch Kinder kosten, wirklich aufgehen wird die Rechnung also wohl nicht. Aber mit Nachwuchs können Alleinverdiener aus Österreich zumindest auf fünf Industrieländer blicken, in denen sie höhere Steuern bezahlen müssten.

Steuern: China holt OECD ein

Erstmals haben sich die Experten der OECD auch genauer angesehen, was Arbeiter in den Schwellenländern China, Indien, Brasilien, Indonesien und Südafrika zahlen müssen. Das Ergebnis: China und Brasilien haben den OECD-Schnitt mit einem guten Drittel Abgabenlast schon fast eingeholt. Wegen der Steuern zahlt sich ein Umzug in diese Staaten also mittlerweile nicht mehr aus. Anders als im Westen verringern auch Kinder in den Schwellenländern die Abgabenlast nicht. In Indonesien (und übrigens auch in Griechenland) müssen alleinverdienende Familienväter oder -mütter sogar mehr Abgaben leisten als kinderlose Single-Kollegen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.04.2015)

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