Bures: „Geschwärzte Akten sind unzulässig“

President of the Austrian parliament Bures places a bell before the start of a parliamentary investigation into who bears political responsibility for the defunct Hypo Alpe Adria in Vienna
President of the Austrian parliament Bures places a bell before the start of a parliamentary investigation into who bears political responsibility for the defunct Hypo Alpe Adria in Vienna(c) REUTERS
  • Drucken

Nationalratspräsidentin Doris Bures will die neuen U-Ausschuss-Regeln mit Leben erfüllen. Zu ihren Aussagen zu ÖBB-Chef Kern steht sie weiter.

Die Presse: Im Untersuchungsausschuss sind wieder geschwärzte Akten aufgetaucht. Man hat noch keinen empörten Aufschrei von Ihnen gehört.

Doris Bures: Weil es nicht um Emotionen geht. Es ist ganz klar: Schwärzungen bei Hypo-Akten sind unzulässig, daher wird das einer Klärung zuzuführen sein.

Wie sieht diese aus?

Die Begründung für die Schwärzungen ist, dass es sich um Sachverhalte handelt, die nicht mit dem Untersuchungsgegenstand in Zusammenhang stehen. Wir werden prüfen, ob das so ist.

Wenn nicht, rufen Sie den Verfassungsgerichtshof an?

Ich bin mir sicher, dass das der Untersuchungsausschuss machen wird. Nicht ich, denn ich bin kein Mitglied.

Ihr erster Eindruck vom U-Ausschuss: Greifen die neuen Regeln?

Neue Regeln müssen am Anfang mit Leben erfüllt werden, und in dieser Phase befinden wir uns jetzt. Wenn wir das konstruktiv umsetzen, wird das tatsächlich zu einer Stärkung des Parlaments führen. Es liegt an uns.

Die erste Zeugin hat sich über die Befragung und auch über Ihre Rolle beschwert: weil Sie bei unzulässigen Fragen nicht eingeschritten seien. Zu Recht?

Bei der Vorsitzführung ist man mit unterschiedlichen Interessen konfrontiert. Den einen ist etwas zu viel, den anderen zu wenig. Ich setze es so um, wie die große Mehrheit im Parlament das mit der neuen Verfahrensordnung beschlossen hat.

Wollen Sie Fragen weitgehend zulassen?

Es gibt klare Regeln, und ich habe die Möglichkeit, mich mit dem Verfahrensrichter zu beraten. Wenn es keine Einigkeit gibt, haben wir eine eigene Schiedsstelle mit den Volksanwälten, die entscheidet.

In den ersten Runden gab es schon heftigere Scharmützel. Muss man das als Zeuge einfach aushalten?

Wir haben einen Verfahrensanwalt, der die Aufgabe hat, die Rechte der Auskunftspersonen zu wahren. Man muss nicht Persönlichkeits- und Menschenrechte verletzen, um Aufklärung herbeizuführen. Man kann auch hart fragen, ohne beleidigend zu sein.

Das passiert auch so?

Ich glaube, dass es in den ersten Sitzungen sehr viele Emotionen gab. Aber jetzt ist es an der Zeit, konstruktive Sacharbeit zu machen. Ich bin zuversichtlich, dass das geschieht.

Beobachter müssen den Eindruck haben, dass versucht wird, den U-Ausschuss zu torpedieren. Es gibt nur wenige Termine, geschwärzte Akten und Geheimsitzungen.

Es gibt für niemanden ein Motiv, Aufklärung zu verhindern. Es geht darum, Strukturen zu verändern, damit so etwas nie wieder passieren kann. Und es soll mit dem Instrument verloren gegangenes Vertrauen in die Politik zurückgewonnen werden. Das eint alle.

Warum gibt es dann zum Beispiel nicht mehr Termine?

Wir haben an die 60 Termine vereinbart, da hat es einen breiten Konsens gegeben. Und glauben Sie mir: Wenn es erforderlich ist, wird es zusätzliche Termine geben.

Wie sieht Ihr inhaltliches Resümee der ersten beiden Tage aus?

Man hat gehört, dass die Möglichkeiten der Staatskommissäre, sich Informationen zu holen, sehr eingeschränkt waren. Welche Schlüsse man daraus zieht, kann man jetzt seriöserweise noch nicht sagen. Aber dass das eine suboptimale Konstruktion ist, war allen Zuhörern klar.

Anderes Thema: Der Wiener Bürgermeister hat sich mit den Lehrern angelegt. Wann erreichen Sie die 22. Arbeitsstunde?

Bei Untersuchungsausschüssen möglicherweise an einem Tag. Nein, im Ernst: Der Wiener Bürgermeister ist bekannt für pointierte Formulierungen. In der Sache darf es aber kein Denkverbot darüber geben, dass gut ausgebildete Pädagogen die Zeit, die sie haben, überwiegend den Schülern widmen.

Mehr Unterrichtszeit ist zumutbar?

Mehr Zeit im Klassenzimmer zu verbringen ist doch besser als viele Stunden in der Verwaltung.

Und die SPÖ-Lehrer sollten am 1.Mai doch mitmarschieren.

Das entscheidet jeder selbst, aber ich meine, diejenigen, die sich zu den Werten der Sozialdemokratie bekennen, werden auf dem Wiener Rathausplatz sein.

Könnte Ihre vorsichtige Formulierung daran liegen, dass Sie sich selbst schon mit pointierten Aussagen in die Nesseln gesetzt haben?

Da müssten Sie mir jetzt ein Beispiel nennen.

Würden Sie nochmals die Kanzlertauglichkeit von jemandem beurteilen?

Sie – die Medien – machen so etwas jeden Tag. Ich glaube, es steht jedem Menschen zu, eine Meinung zu formulieren.

Es tut Ihnen nicht leid, dass Sie das damals gesagt haben?

Das wurde jetzt wochenlang diskutiert, und damit ist es für mich beendet.

ZUR PERSON

Doris Bures (52) ist seit September 2014 Präsidentin des Nationalrats und in dieser Funktion automatisch auch Vorsitzende von Untersuchungsausschüssen. Davor war die SPÖ-Politikerin sechs Jahre lang Verkehrs- und Infrastrukturministerin. Begonnen hat Bures in der SPÖ-Mietervereinigung; 17 Jahre lang war sie Nationalratsabgeordnete. Für Aufregung sorgte ein Interview, in dem sie ÖBB-Generaldirektor Christian Kern die Eignung als Kanzler absprach. Die als Unterstützung für Werner Faymann gedachte Aussage ging nach hinten los, danach wurde erst recht über eine Ablöse des Kanzlers diskutiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.