Untreue: Neue Begriffe sind zu unklar

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Die Novelle dürfte gegen das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot verstoßen.

Linz. Wie sich den Pressemeldungen der vergangenen Tage entnehmen lässt, plant die Koalition nun also doch eine Reformierung des Untreuetatbestandes. Strafbar soll in Hinkunft nur sein, „wer in unvertretbarer Weise gegen solche Regeln verstößt, die dem Vermögensschutz des wirtschaftlich Berechtigten dienen“. Darüber hinaus sollen im GmbH-Gesetz sowie im Aktiengesetz flankierende Regelungen geschaffen werden, wonach eine Pflichtverletzung dann nicht vorliegen soll, wenn sich der Vorstand oder Geschäftsführer „bei einer unternehmerischen Entscheidung nicht von sachfremden Interessen leiten lässt und auf der Grundlage angemessener Informationen annehmen darf, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln“.

Dieser Vorstoß ist grundsätzlich zu begrüßen, nimmt er doch die Gedanken der dem US-amerikanischen Richterrecht entstammenden Business-Judgement-Rule auf und versucht damit, eine Begrenzung des Befugnismissbrauchs zu erreichen. Eine solche Notwendigkeit ergibt sich indes nicht aus der bisherigen Formulierung des §153 StGB, sondern nach dessen Auslegung durch den Obersten Gerichtshof. Dieser judiziert in ständiger Rechtsprechung, dass „Maßstab für die Zulässigkeit [der] Befugnisausübung [...] stets deren Ausgestaltung im Innenverhältnis [sei], wobei schon aus §§ 1009, 1013 ABGB – gleichsam als zentrale Bestimmungen des Auftragsrechts – [hervorgehe], dass jeder Machthaber grundsätzlich verpflichtet ist, seinem Machtgeber den größtmöglichen Nutzen zu verschaffen“.

Was bedeutet „unvertretbar“?

Wenn sich also bei einer Entscheidung (im Nachhinein) herausstellen sollte, dass diese dem Unternehmen eben nicht den größtmöglichen Nutzen verschafft hat, so kann dies einen Befugnismissbrauch im Sinn des § 153 StGB begründen. Hier will die Koalition ansetzen und zum einen über die Verankerung der Business-Judgement-Rule im AktG sowie im GmbHG (offensichtlich eng an das Vorbild im deutschen AktG angelehnt) sowie zum anderen über eine Legaldefinition des Befugnismissbrauchs im StGB eine entsprechende und unbedingt notwendige Einschränkung möglicher Strafbarkeit unternehmerischen Handelns erreichen.

Allein, die angedachte Legaldefinition im Sinn des Erfordernisses eines „unvertretbaren“ Verstoßes überzeugt nicht. Die Verfasser des Entwurfes dürften hier wohl die Rechtsprechung des deutschen Bundesgerichtshofs zur „gravierenden Pflichtverletzung“ im Hinterkopf gehabt haben.

Das Problem dabei: Sowohl der vorgeschlagene Begriff „unvertretbar“ als auch der Begriff „gravierend“ sind im höchsten Maße wertausfüllungsbedürftig und wohl kaum mit dem strafrechtlichen Bestimmtheitsgebot in Einklang zu bringen. Darüber hinaus würde die Auslegung, welche unternehmerische Entscheidung gerade noch vertretbar oder bereits unvertretbar ist, wiederum in die Hände der Gerichte gelegt werden. Ein tatsächlicher Vorteil in Form von Rechtssicherheit für den Entscheidungsträger ist daher nicht erkennbar.

Man sollte es daher bei der bisherigen Formulierung des Befugnismissbrauchs belassen, dessen Grenzen – wie vorgeschlagen – über das GmbHG bzw. das AktG näher definieren und vielmehr erneut darüber nachdenken, ob es nicht sinnvoll wäre, einen Bereicherungsvorsatz in den Tatbestand der Untreue mitaufzunehmen.


Priv.-Doz. Dr. Oliver Plöckinger, LL.M. ist Rechtsanwalt und Partner bei Saxinger, Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.04.2015)

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