Asylwesen: Sorge wegen „U-Booten“

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Die Regierung hat das beschleunigte, verschärfte Asylgesetz abgesegnet. Im Parlament gibt es noch Gespräche. Denn die Länder befürchten, dass mehr Flüchtlinge untertauchen.

Wien. Überschattet von den hunderten Flüchtlingen, die im Mittelmeer ums Leben gekommen sind, hat die rot-schwarze Regierung rund um die zuständige Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in Österreich die Weichen für raschere Asylverfahren gestellt. Allerdings ist damit das letzte Wort vor dem Nationalratsbeschluss im Laufe des Frühjahrs noch keineswegs gesprochen: Wie der „Presse“ erläutert wurde, gab es nach stundenlangen SPÖ-ÖVP-Beratungen bis Montagnacht die Zusage, dass im Parlament vor einem endgültigen Beschluss Vorbehalte noch diskutiert werden.

Diese Bedenken gegen die geplante Neuregelung des Asylrechts kommen nach Nicht-Regierungsorganisationen nun vor allem aus den Ländern, allen voran aus Wien. Grund für die Sorge: Das verschärfte Asylgesetz sieht vor, dass Asylwerber nach einem negativen Bescheid in erster Instanz ohne aufschiebende Wirkung aus dem Quartier und damit aus der Grundversorgung hinausfliegen. Das, obwohl das Verfahren in zweiter und dritter Instanz weiterlaufen kann.

In Obdachlosigkeit gedrängt

In der Folge wird befürchtet, dass Betroffene in Österreich vermehrt in die Obdachlosigkeit gedrängt werden und als „U-Boote“ leben – beziehungsweise versuchen, mit der Sozialhilfe der Länder über die Runden zu kommen. Hier gibt es daher weiter Gesprächsbedarf.

Ein anderer Kernpunkt der Innenministerin ist hingegen koalitionsintern kein Problem mehr: Bestimmte Verfahren sollen beschleunigt durchgeführt werden. Dabei geht es um Menschen, die aus (von der Regierung festgelegten) sicheren Herkunftsländern kommen. Innerhalb von zehn Tagen soll hier eine Entscheidung fallen. Rechtlich wäre das zwar bisher schon möglich gewesen. Die Ministerin will die Kräfte der Behörden in Zukunft auf diesen Punkt konzentrieren.

Im Gesetz festgeschrieben wird nun auch, dass die Erstaufnahmezentren in ihrer heutigen Form aufgelöst werden. Flüchtlinge sollen in Zukunft nicht mehr in einer der beiden Zentren in Traiskirchen in Niederösterreich und Thalheim in Oberösterreich gebracht und anschließend auf die Bundesländer verteilt werden. Sondern ihren Antrag auf Asyl direkt bei kleineren Aufnahme- und Verteilzentren in allen Bundesländern stellen.

Spätestens ab 1. Juli dieses Jahres soll es die neuen Zentren geben. Doch vorerst ist nur jenes in Salzburg in einem ehemaligen Hotel am Gaisberg in Betrieb. Und auch in Wien gibt es eine Erstaufnahmestelle.

In Vorarlberg und dem Burgenland liebäugelt man damit, sich mit einem anderen Bundesland zusammenzuschließen. In Tirol warte man wiederum auf einen konkreten Vorschlag vonseiten des Bundes, heißt es aus dem Büro der zuständigen Landesrätin Christine Baur (Grüne) zur „Presse“. Außerdem habe man aus dem Innenministerium gehört, dass möglicherweise das Salzburger Quartier für den Bedarf im Westen ausreiche. Im Osten steht hingegen noch kein Standort für die Quartiere fest.

Der Chef der Landeshauptleute-Konferenz, Niederösterreichs Erwin Pröll (ÖVP), hofft jedenfalls, „dass die Verteilerzentren, wie sie die Ministerin durchführen will, ab Juli eine spürbare Erleichterung bringen“. Pröll entzog am Mittwoch außerdem dem Team Stronach die Asylkompetenz in der Landesregierung – nach dem Rücktritt der Ressortzuständigen Elisabeth Kaufmann-Bruckberger.

Pröll: 871 unbegleitete Kinder

Die Agenden übernimmt Landesrat Maurice Androsch (SPÖ). „Das ist keine Strafsanktion gegen das Team Stronach. Das ist das Wahrnehmen einer Verantwortung“, meint Pröll zur „Presse“. Gleichzeitig schlägt Pröll Alarm: Derzeit leben in Traiskirchen 1732 Flüchtlinge, davon 871 Minderjährige ohne Begleitung, 232 weitere Kinder sind im Rest Niederösterreichs untergebracht. Auch deshalb könne er nicht warten, bis das Team Stronach in einigen Wochen oder gar Monaten endlich eine Entscheidung über die Nachfolge fälle.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.04.2015)

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