Das Comeback der Claudia Bandion-Ortner

EX-JUSTIZMINISTERIN BANDION-ORTNER ALS RICHTERIN AM STRAFLANDESGERICHT IN WIEN
EX-JUSTIZMINISTERIN BANDION-ORTNER ALS RICHTERIN AM STRAFLANDESGERICHT IN WIEN(c) APA/HELMUT FOHRINGER
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Palais Trautson und zurück: die Ex-Ministerin erstmals seit sechs Jahren als Richterin im Verhandlungssaal. Sie bat, ihre Arbeit tun zu dürfen. Und verurteilte einen Drogenhändler.

Wien. Nein, sie hat es nicht verlernt. Claudia Bandion-Ortner weiß noch, wie man eine Verhandlung führt. Oder sie hat sich auf diese eine, ihre erste seit sechs Jahren und neun Monaten, eigens vorbereitet. Oder beides.

Ihr Lächeln wirkt dennoch ein bisschen gequält. Es ist ein mühsamer Gang, den die neue alte Strafrichterin zu beschreiten hat. Auf dem Weg von ihrem durchaus geräumigen Richterzimmer (mit Blick auf den Innenhof des Josefstädter Gefängnisses) tut sich ein Hindernis auf. Eine regelrechte Wand aus Fotografen und Kameraleuten trennt Claudia Bandion-Ortner vom rettenden Gerichtssaal.

Kaum ist diese Hürde genommen, drängt die zweite Welle nach: Reporter wollen wissen, wie die Frau Rat ihre Rückkehr denn so sehe. Die derart Bestürmte sagt nun, was sie sich vorgenommen hat, nämlich nichts. Und das klingt auch genau so: „Ich sage überhaupt nichts.“ Und: „Ich würde gerne meine Arbeit fortsetzen.“

Zur (Straf-)Sache: Die Ex-ÖVP-Justizministerin und Ex-Vize-Generalsekretärin des umstrittenen saudiarabischen König-Abdullah-Zentrums für interreligiösen Dialog hat sich an diesem Freitag mit einem Drogenhändler aus Algerien zu befassen. Natürlich bleibt es nicht aus, das ebenso bissige wie unvermeidliche Getuschel über Bandion-Ortners Todesstrafen-Aussage, wonach in Saudiarabien „nicht jeden Freitag geköpft“ werde. Eine Reporterin will vor der Verhandlung von Richterin Bandion-Ortner wissen, ob diese denn ihre Aussage bereue. „Kein Kommentar.“

Um es vorweg zu nehmen: Die Strafe für den jungen Algerier fällt denkbar mild aus. Sechs Monate bedingt wegen „unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften“. Der Angeklagte wird obendrein – nach zweieinhalb Wochen U-Haft – sofort auf freien Fuß gesetzt. Er hat sich als pflegeleichter Angeklagter erwiesen. Er hat bereitwillig alle Vorwürfe zugegeben. Mehr noch: Er hat im Vorverfahren einen anderen Drogenhändler auffliegen lassen. Soviel Kooperation mit der Strafjustiz wird mildernd angerechnet.

Zwischen Glanz und Mühe

Und ja: Sie wird an diesem Freitag augenscheinlich, die ziemlich große Kluft zwischen dem Chefsessel im Palais Trautson, wo Claudia Bandion-Ortner von Jänner 2009 bis April 2011 als Bundesministerin für Justiz residierte (ehe sie der damalige ÖVP-Chef Michael Spindelegger durch Beatrix Karl ersetzte) – und der Stelle als Richterin im Grauen Haus. Wenn an diesem Ort so etwas wie Glanz entstehen kann, dann vielleicht, wenn über einen Herrn Bawag-Generaldirektor Helmut Elsner zu urteilen ist. Und wenn dabei Ex-Minister à la Karl-Heinz Grasser in den Zeugenstand gerufen werden können.

Formal gesehen war das möglich, weil die als „Bawag-Richterin“ zu landesweiter Bekanntheit gelangte Juristin früher in einer Wirtschaftsabteilung tätig war. Heutzutage, in einer sogenannten allgemeinen Abteilung (hier werden die typischen Straftaten Raub, Mord, Diebstahl etc. verhandelt) oder auch in einer Suchtgiftabteilung, gilt es vielfach die Mühen der (juristischen) Ebene möglichst fehlerfrei zu meistern. Schillernde Angeklagte kommen zwar vor (man erinnere sich an prominente Wiener Musiker, deren Umgang mit Kokain vor dem Strafrichter endete), aber nur selten.

Claudia Bandion-Ortner, seit 1994 dem Wiener Straflandesgericht dienstzugeteilt, hatte wohl schon vor längerer Zeit so eine Vorahnung. Während ihrer Ministerschaft, im Jänner 2010, machte sie (das letzte Wort hatte freilich der Bundespräsident) Friedrich Forsthuber zum Präsidenten des Grauen Hauses. Bei der öffentlichen Amtseinführung Forsthubers feixte Bandion-Ortner: „Ich freue mich schon, wenn ich unter dir, lieber Fritz, wieder im Grauen Haus tätig sein kann.“

Ganz so schnell sollte es nicht gehen. Zuerst kam eine Stelle als Senior Advisor bei der Korruptionsakademie in Laxenburg. Und dann eben das Dialogzentrum. Aktuell sind es Fragen wie diese, die den beruflichen Alltag des ehemaligen Mitglieds der österreichischen Bundesregierung bestimmen: „Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Marihuana zu verkaufen?“ Und Antworten wie diese: „Mir wurden 20 Gramm überlassen. Aus dem Erlös wollte ich mir was zum Essen kaufen.“

ZUR PERSON

Claudia Bandion-Ortner, Jahrgang 1966, wurde als „Bawag-Richterin“ landesweit bekannt. 2009 machte sie der damalige ÖVP-Chef Josef Pröll zur Justizministerin. 2011 wurde sie abberufen. Unter anderem nach einer Station im Saudi-Dialogzentrum kehrte sie nun in „ihr“ Strafgericht zurück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2015)

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