Die SPÖ verweigert Einblicke in ihr Wahlkampfbudget und hält sich alle Optionen offen – bis hin zu einer Minderheitsregierung.
Eisenstadt. Mit der Transparenz ist das im beginnenden burgenländischen Wahlkampf so eine Sache. Zwischen 100.000 (Neos) und 700.000 Euro (ÖVP) wollen die Parteien laut eigenen Angaben bis zum Wahltag am 31. Mai ausgeben. Wobei es eine Partei gibt, die keine Angaben macht: Hans Niessls SPÖ.
Die dazugehörige Begründung ist – nun ja – kreativ: Man nenne deswegen keine Summe, weil man glaube, dass die Konkurrenz nicht die Wahrheit sage. Seither überbieten einander die anderen Parteien in Schätzungen, wie viel dem Landeshauptmann ein gutes Ergebnis wert sein könnte. Der Noch-Regierungspartner ÖVP vermutet: mehr als allen anderen zusammen.
Die Wahrheit ist – wie auch die burgenländische Landespolitik dank Andreas Khol weiß – eine Tochter der Zeit. Nach der Wahl müssen die Ausgaben ohnehin offengelegt werden. Der Gesetzgeber hält dazu unter dem Begriff Wahlkampfkosten-Obergrenze nur fest, dass es pro Partei nicht mehr als sieben Millionen Euro sein dürfen.
Die Sicht auf die burgenländische Landschaft wird jedenfalls schon durch zahlreiche Plakate erschwert. Auf jenen der SPÖ macht Hans Niessl seine Lieblingsversprechen: Arbeit, Bildung, Sicherheit. Eines der Sujets zeigt den Landeshauptmann neben dem Slogan „Erfolgsgarant“ mit drei Jugendlichen und, warum auch immer, mit einem weißen Chihuahua. Es handelt sich, wie die SPÖ bei der Präsentation geleakt hat, um Rico, den Familienhund der Niessls.
Ob auch Vizelandeshauptmann Franz Steindl etwaige Haustiere zu Plakat bringen will, wird sich erst am 1. Mai weisen, wenn die ÖVP in den Intensivwahlkampf startet. Bekannt ist bisher nur, dass sie sich den Themen Beschäftigung, Verkehr und Entwicklung des ländlichen Raumes widmen will. Es soll also auch in den entlegensten Regionen, wenn schon keine Arbeitsplätze, dann zumindest eine gute öffentliche Anbindung geben. Die Botschaft richtet sich an die vielen burgenländischen Pendler und besonders auch an jene 210 Personen, die durch die Schließung des Triumph-Werks in Oberwart vor Kurzem ihren Job verloren haben.
Keine Vorleistung für Rot-Blau
Auch die Freiheitlichen widmen sich wieder einmal dem Arbeitsmarkt: „Heimische Könner statt Ost-Dumpinglöhner“ wird auf den Plakaten in Alt-Kickl'scher Manier gereimt. Inhaltlich ist man damit gar nicht so weit von den Sozialdemokraten entfernt, die burgenländische Arbeitsplätze für Burgenländer reservieren wollen.
Eine Vorleistung für Rot-Blau, das nach der Proporzabschaffung möglich werden würde, ist das aber noch nicht. Niessl ging zuletzt zwar auf Distanz zur ÖVP, ließ aber eine Präferenz für ein Regierungsmodell abseits der üblichen Farbkombinationen erkennen: das sogenannte „freie Spiel der Kräfte“, bei dem sich die stärkste Partei immer eine neue Mehrheit sucht. „Eine sehr interessante Variante“, meinte der Landeshauptmann erst diese Woche.
Dazu müsste er freilich sein Wahlziel erreichen, die SPÖ also ihre 18 Mandate halten. Bei insgesamt 36 wäre dann weiterhin keine Mehrheit gegen sie möglich. Niessl hat das freie Spiel der Kräfte schon zwischen 2000 und 2005 praktiziert, ehe er die absolute Mehrheit holte und dann, 2010, wieder verlor. Einen Unterschied zu damals gibt es allerdings: Die ÖVP wäre nicht mehr automatisch in der Regierung vertreten, weil es keinen Proporz mehr gibt. De facto kokettiert Niessl also ganz offen mit einer Minderheitsregierung im Burgenland, die man, je nach Lesart, auch als SPÖ-Alleinregierung bezeichnen könnte.
Umfragen, die bisher publiziert wurden, bescheinigen beiden Regierungsparteien leichte Verluste. Manche mutmaßen, dass Niessl die Daten gezielt einsetzt, um die roten Kernwählerschichten zu mobilisieren. 2010 war der SPÖ das Halten der Absoluten prognostiziert worden, was dazu geführt hat, dass viele Wähler zu Hause geblieben sind.
Zu einem Stimmen-Verdrängungswettbewerb könnte es innerhalb der Opposition kommen, weil neben der FPÖ, den Grünen und der Liste Burgenland, die sich mit dem Team Stronach zu einem Wahlbündnis zusammengetan hat, erstmals auch die Neos antreten.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2015)