Die neue Stärke des Bundes

Austrian Finance Minister Schelling talks to journalists as he arrives for a cabinet meeting in Vienna
Austrian Finance Minister Schelling talks to journalists as he arrives for a cabinet meeting in Vienna(c) REUTERS
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Die Bundesregierung stellt dem Land Kärnten Bedingungen für neue Kredite. Ein Beispiel dafür, wie sich die Machtverhältnisse zwischen Bund und Ländern umzudrehen beginnen.

Wien/Klagenfurt. Die Kärntner Finanzreferentin, Gaby Schaunig, (SPÖ) will sich vom Bund keine Reformen vorschreiben lassen. „Es gibt einen Föderalismus. Mit Zielvorgaben bin ich einverstanden. Wie diese erreicht werden, ist aber eine politische Entscheidung des Landes“, so die Politikerin fast schon trotzig am Freitag, einen Tag nach den Verhandlungen mit der Bundesregierung über neue Kredite für das Land Kärnten.

Es geht natürlich genau um das, was die Finanzlandesrätin bestreitet: Der Bund will den Geldhahn nur dann aufdrehen, wenn er die Kontrolle darüber behält, was mit den Mitteln geschieht. Gerade, dass keine Troika von Wien nach Klagenfurt in Gang gesetzt wird, um nach Vorbild der EU in Griechenland den Landespolitikern Vorgaben für Sparpläne zu verordnen.

Das Interesse des Bundes, die Finanzgebarung des südlichsten Bundeslandes genau im Auge zu behalten, ist verständlich. Derzeit könnte Kärnten noch in Konkurs gehen, ohne dass der Bund eine gesetzliche Verpflichtung hätte, einzuspringen. Je mehr Mittel aber über die Bundesfinanzierungsagentur nach Kärnten geleitet werden, um so mehr werden die Probleme Kärntens auch zu einem Problem für den Bund. Im Fall eines nicht mehr ganz auszuschließenden Konkurses des Bundeslandes würde der Bund auf diesen Krediten sitzen bleiben.

Machtverhältnisse gedreht

Die Vorgangsweise der Bundesregierung ist aber auch ein Zeichen für einen Paradigmenwechsel: Nicht mehr die Länder geben in der Bundespolitik die Richtung vor, sondern der Bund beginnt, die Machtverhältnisse umzudrehen. Dieser Paradigmenwechsel hat ein Gesicht und einen Namen: Hans Jörg Schelling, seit September des Vorjahres Finanzminister, kümmert sich reichlich wenig um das ungeschriebene Gesetz, wonach die Wünsche der Landesfürsten den Ministern in Wien Befehl zu sein haben.

Schon seine Entscheidung, kein Geld mehr in die Hypo-Nachfolgegesellschaft Heta einzuschießen, hat in den Landeshauptstädten für erhebliches Grummeln gesorgt. Denn damit wurden automatisch jene Haftungen schlagend, die die Länder und ihre Hypothekenbanken für die Pfandbriefstelle übernommen haben, die wiederum die Kärntner Hypo Alpe Adria reichlich mit Kapital versorgt hat. Selbst auf die dringlichen Hinweise, der Bund möge für die Länder einspringen, reagierte Schelling kühl – und verwies auf die Verpflichtungen, die die Länder freiwillig übernommen hätten.

Es brauchte offensichtlich jemanden wie Schelling, der das System aufbricht: Politisch in der Partei nicht sonderlich verankert und damit auch nicht in jene Abhängigkeiten verstrickt, die auf dem Weg durch die Parteiinstitutionen automatisch entstehen, und persönlich ökonomisch durch seine Vergangenheit als Unternehmer völlig unabhängig, muss er auch keinerlei Drohgebärden aus irgendwelchen Landeshauptstädten fürchten – nicht einmal, wenn es sich bei der Landeshauptstadt um St.Pölten handelt.

Die wahre Bewährungsprobe steht Schelling jetzt aber unmittelbar bevor: Nächste Woche sollen die Verhandlungen mit den Ländern über den neuen Finanzausgleich beginnen. Und da geht es um die Aufteilung der Steuereinnahmen und damit im Verhältnis zwischen Bund und den Ländern tatsächlich ums Eingemachte.

Kärnten muss eisern sparen

Kärnten muss sich unterdessen darauf einstellen, dass das Land seine Finanzen ernsthaft in Ordnung bringen muss – und dass das Auswirkungen haben wird. Ein erstes Beispiel: Das Museum Moderner Kunst Kärnten hat seine Sommerausstellungen abgesagt. Man rechnet nicht mehr mit der dafür notwendigen Subvention des Landes.

AUF EINEN BLICK

Kärntner Finanzdesaster. Die Nachwehen der Hypo-Alpe-Adria-Pleite: Am Montag verhandeln Vertreter des Landes Kärnten mit dem Bund weiter über eine dringend benötigte Geldspritze. Dem Land fehlen heuer 343 Millionen Euro, um die laufenden Zahlungen überhaupt noch leisten zu können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2015)

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