Salzburgs Vassilakou heißt Rössler

Astrid Rössler
Astrid RösslerAPA/BARBARA GINDL
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Nicht nur in Wien sorgen Leuchtturmprojekte der Grünen für Zündstoff. Mit dem Nein zur Erweiterung von Einkaufszentren setzt Astrid Rössler den Koalitionspartner ÖVP unter Druck.

Salzburg. Konfliktscheu ist Astrid Rössler nicht. Die grüne Frontfrau – im Zivilberuf übrigens gelernte Mediatorin – hat sich mit ihrer restriktiven Linie in Sachen Raumordnung in der Salzburger Landesregierung durchgesetzt: Sowohl Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) als auch Landesrat Hans Mayr (Team Stronach) tragen die Entscheidung mit, großen Einkaufszentren ihre Erweiterungswünsche zu versagen. Man wolle die gewachsenen Handelsstrukturen in den Ortskernen schützen und die Zersiedlung eindämmen, lautet die schon vor zwei Jahren im Arbeitsprogramm der Salzburger Koalition festgelegte Linie.

Seit aus dieser Ankündigung handfeste Entscheidungen geworden sind, prasselt ein Sturm der Entrüstung auf die Landesregierung nieder, der vor allem Rössler, aber auch Haslauer trifft. „Raumordnungswahn“ und „Willkür“ wird der Regierung von Handelskonzernen, dem politischen Gegner, aber auch von der Arbeiterkammer und Kommunalpolitikern vorgeworfen. Rössler hat einen Leuchtturm grüner Politik errichtet und den Koalitionspartner ÖVP damit bei der eigenen Klientel in die Bredouille gebracht.

Die Situation erinnert an die Bundeshauptstadt. In Wien ist die Strategie der Grünen vor der heurigen Gemeinderatswahl am 11. Oktober aufgegangen: Mit ihrem Prestigeprojekt der Verkehrsberuhigung und der Behübschung der Mariahilfer Straße schlug die grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou einen grünen Pflock in die Wiener Stadtpolitik ein.

Ihr Koalitionspartner SPÖ, der im Sinn einer guten politischen Ehe die heftig umkämpfte Umgestaltung der Einkaufsstraße mitgetragen hat, ist dadurch unter Druck geraten. Die Grünen konnten hingegen mit ihrer Linie bei ihren Wählern punkten. Wenige Monate vor der Wiener Wahl gibt es freilich in erster Linie wegen der nicht durchgesetzten umfangreichen Wahlrechtsreform einen Riss zwischen Rot und Grün.

Rössler, freundlich im Ton, aber konsequent in der Sache, geht nach dem gleichen Muster vor wie ihre Wiener Parteifreundin Vassilakou. Rössler setzt in ihren Ressorts grüne Marksteine, die dem großen Koalitionspartner ÖVP einiges abverlangen. Das war schon bei der Einführung der Tempo-80-Beschränkung auf der Westautobahn in der Landeshauptstadt so. Jetzt ist dies mit der Raumordnung für so manchen schwarzen Kommunalpolitiker noch schwerer zu schlucken.

Ärger über „grüne Willkür“

Beim vergangenen Landesparteitag der ÖVP in St. Johann, Tage vor der umstrittenen Entscheidung der Regierung, traf der Unmut erstmals auch offen ÖVP-Landesparteichef Haslauer. Er solle ein Machtwort sprechen gegen die „Willkür“, mit der die zur Rösslers Ressortbereich gehörende Raumordnungsabteilung in die Agenden der Gemeinden hineinregiere. Es gehe nicht an, dass Betriebe nicht erweitern oder Landwirte ihren Hof nicht neu bauen können.

„Wir igeln uns ein und sind weit weg von Offenheit und Eigenverantwortung“, ärgert sich Günther Mitterer, der Bürgermeister von St. Johann im Pongau. Er verstehe, dass Haslauer auf ein gutes Klima in der Regierung achte. Aber dem könne man nicht die Weiterentwicklung des Landes opfern, kritisierte Mitterer im Gespräch mit der „Presse“. Das führe zu absolutem Stillstand. In St. Johann wollte ein Möbelhaus einen neuen Standort bauen, die Landesregierung versagte die Genehmigung.

Ernüchterung statt Euphorie

Knapp zwei Jahre nach der Bildung der Dreierkoalition zwischen ÖVP, Grünen und Team Stronach ist die Euphorie über die Rückeroberung des Sessels des Landeshauptmanns von der SPÖ bei manchem schwarzen Funktionär der Ernüchterung gewichen, dass auch die Grünen in der Regierung ihre Handschrift hinterlassen.

Dass die Raumordnung für die Grünen dazu ein Schlüsselressort ist, daran hat Rössler von Anfang an nie einen Zweifel gelassen. Schließlich muss sie in drei Jahren, wie ihre Kollegin Vassilakou bereits heuer im Herbst, ihren Wählern ein paar grüne Leuchtturmprojekte vorweisen können.

AUF EINEN BLICK

Dreierkoalition. In Salzburg hat nach der Landtagswahl im Frühjahr 2013 eine Koalition aus ÖVP, Grünen und Team Stronach mit Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) die rot-schwarze Landesregierung mit SPÖ-Landeshauptfrau Gaby Burgstaller abgelöst. Für die Grünen ist Astrid Rössler, die am Donnerstag dieser Woche 56 Jahre alt wird, Landeshauptmannstellvertreterin. Ihre Entscheidungen in der Raumordnung wie zuletzt gegen die Erweiterung großer Einkaufszentren sorgen für Diskussionsstoff und Proteste.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2015)

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