Programm: Die ÖVP und die „Sunset Legislation“

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Beim nächstwöchigen ÖVP-Bundesparteitag wird es einen Abänderungsantrag zum neuen Parteiprogramm geben: Gesetze sollen künftig mit einem Ablaufdatum versehen werden.

Wien. Eigentlich ist das künftige ÖVP-Parteiprogramm vom Bundesparteivorstand bereits abgesegnet. Auf dem Parteitag nächste Woche, auf dem es endgültig beschlossen werden soll, wird es allerdings noch einen Abänderungsantrag geben. Eingebracht wird er von Staatssekretär Harald Mahrer, der den Evolutionsprozess der ÖVP, der nun in das neue Programm mündet, federführend mitverantwortet hat.

Im Kern geht es um eine Auslaufklausel für Gesetze. „Sunset Legislation“, wie das auf Neudeutsch heißt. Großbritannien ist diesbezüglich auch das erklärte Vorbild. Gesetze und Verordnungen sollen mit einem Ablaufdatum versehen werden. Danach endet ihre Wirkung automatisch. Soll das Gesetz verlängert werden, muss es eigens wieder beschlossen werden.

„Sozusagen eine Beweislastumkehr. Wer will, dass ein Gesetz verlängert wird, muss das evidenzbasiert begründen“, sagt Mahrer. Man könnte solcherart den bisherigen Gesetzesmüll vermeiden. „Diese Rechtsbereinigung ist ein Beitrag zum Bürokratieabbau.“ Gelten soll dies im Endeffekt dann auch auf Landesebene.

In der Praxis soll das wie folgt aussehen: Ein Gesetz bekommt etwa eine fünfjährige Bestandsfrist. Danach wird es evaluiert – und entweder erneut beschlossen oder auch nicht. Dasselbe gilt für Verordnungen, die vom jeweiligen Minister erlassen werden.

Diese „Sunset Legislation“ soll nicht für alle Gesetze gelten, es gebe aber jede Menge, die sich dafür besonders eignen würden, findet Mahrer. Das reiche von Reformprojekten mit großem Unsicherheitsfaktor wie der Neuen Mittelschule bis zum Beteiligungsfreibetrag für Investoren in Start-ups oder dem besonderen Kündigungsschutz für Personen 50 plus. Bei Letzterem sei das Ziel, die Arbeitssituation der über Fünfzigjährigen zu verbessern. Hier sollte es zwingend eine Evaluierung geben, die zeigt, ob dieser Effekt auch eintritt.

„Der Staat soll für den Bürger da sein. Und nicht umgekehrt“ – das sei das Motiv hinter diesem gesetzlichen Ablaufdatum wie auch hinter dem Parteiprogramm in seiner Gesamtheit, erklärt Mahrer. „Wir drehen die Stellschrauben nach. Das neue Programm wird auf jeden Fall mehr auf der Höhe der Zeit sein als das 95er-Programm.“

Im neuen Programm, das auf dem Parteitag am 12. und 13. Mai in der Wiener Hofburg noch einmal diskutiert und dann endgültig beschlossen werden soll, enthalten ist zum Beispiel das Bekenntnis zum Gymnasium, zu Frauenquoten auf Wahllisten mittels Reißverschlusssystem, zu mehr direkter Demokratie in Form eines Vorrangs der Vorzugsstimmen. Die ÖVP spricht sich zudem für weitere Selbstbehalte im Gesundheitssystem aus und tritt für eine eigene EU-Armee ein – allerdings ohne die Neutralität aufgeben zu wollen.

JVP: Mehrheitswahlrecht light

Und noch einen weiteren Abänderungsantrag zum Parteiprogramm wird es geben: Die Junge ÖVP wird einen solchen für ein minderheitenfreundliches Mehrheitswahlrecht einbringen. Das Mehrheitswahlrecht an sich wurde sowohl in der ÖVP-Mitgliederbefragung als auch im Bundesparteivorstand bereits durchgewinkt. Minderheitenfreundlich würde beispielsweise bedeuten, dass die stärkste Partei auf jeden Fall eine knappe Mandatsmehrheit bekommt, der Rest dann jedoch fair entsprechend dem tatsächlichen Wahlergebnis auf die übrigen Parteien im Nationalrat aufgeteilt wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2015)

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