Neue Ärztegewerkschaft will klagen

Rund 1500 Mediziner gingen am 23. März in Wien auf die Straße, um gegen die Umsetzung des neuen Arbeitszeitgesetzes zu demonstrieren. Erstmals durfte dabei auch der Asklepios-Gründer (nicht im Bild) eine Rede halten.
Rund 1500 Mediziner gingen am 23. März in Wien auf die Straße, um gegen die Umsetzung des neuen Arbeitszeitgesetzes zu demonstrieren. Erstmals durfte dabei auch der Asklepios-Gründer (nicht im Bild) eine Rede halten.APA/HERBERT PFARRHOFER
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Die neu gegründete Gewerkschaft Asklepios mit österreichweit 1800 Mitgliedern will vor den Verfassungsgerichtshof ziehen, um künftig bei offiziellen Verhandlungen mitreden zu dürfen.

Wien. Es war eine bezeichnende Szene. Nach dem letzten großen Ärzteprotest gegen die neue Arbeitszeitregelung am 23. März kamen bei der Abschlusskundgebung auf dem Maria-Theresien-Platz neben dem Kammerpräsidenten. Thomas Szekeres, Vertreter verschiedener Ärztegruppen wie etwa der Primare und der Ordensspitäler zu Wort. Gegen Ende trat auch Gernot Rainer auf, Gründer und Obmann der neuen Ärztegewerkschaft Asklepios. Als der Lungenfacharzt vor 1500 Kollegen betonte, dass es Zeit für eine eigene Gewerkschaft für angestellte Ärzte sei, wurde er – als einziger Redner auf der Bühne – frenetisch bejubelt.

Nicht zuletzt durch die internen Unstimmigkeiten bei der Kammer (die Kurie der angestellten Ärzte lehnte zweimal ausverhandelte Einigungen ab) erfreut sich Asklepios regen Zulaufs. Erst Anfang des Jahres gegründet, hat die Gewerkschaft mittlerweile rund 1000 Mitglieder in Wien und 1800 österreichweit. Zur Orientierung: In den Spitälern des KAV arbeiten 3000 Ärzte, weitere 1500 Mediziner sind im AKH beschäftigt.

Sozialpartner entscheiden

„Der Ruf nach einer eigenen Interessenvertretung ist nicht zu überhören“, sagt Rainer. Allerdings sehen das die Stadt Wien sowie die bestehenden Gewerkschaften (GdG für die KAV-Ärzte sowie GÖD für die AKH-Ärzte) inklusive Ärztekammer anders und wollten Asklepios bei den Verhandlungen zur Umsetzung des neuen Arbeitszeitgesetzes nicht dabeihaben.

Daher geht Rainer nun in die Offensive und will die sogenannte Kollektivvertragsfähigkeit notfalls beim Verfassungsgerichtshof einklagen. Heute, Freitag, wird im (beim Sozialministerium angesiedelten unabhängigen) Bundeseinigungsamt der Antrag auf die Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit gestellt.

Da im Bundeseinigungsamt die Sozialpartner verankert sind, entscheiden also im Wesentlichen sie über die Zuerkennung. Und zwar innerhalb von spätestens sechs Monaten und hauptsächlich nach eigenem Ermessen, weil es bei den Voraussetzungen – etwa bei der wirtschaftlichen Bedeutung oder bei der notwendigen Anzahl an Mitgliedern – keine konkreten Vorgaben gibt, sondern diese im Einzelfall beurteilt werden.

Aufgrund der bisherigen Stellungnahmen der Gewerkschaftsvertreter ist von einer Ablehnung auszugehen, womit auch Rainer rechnet. Dann bliebe ihm nur noch der Weg zum Verwaltungs- und anschließend zum Verfassungsgerichtshof. So weit kam es in Österreich noch nie, weswegen das Urteil schwer abzuschätzen ist. Für Alfred Radner, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Medizinrecht, stehen die Chancen auf einen positiven Bescheid allerdings „fifty-fifty“. Der Ausgang sei „völlig offen“. Nach seiner Einschätzung würde Asklepios die Voraussetzungen für die Kollektivvertragsfähigkeit „durchaus erfüllen“, wie auch aus einem Gutachten hervorgeht, das er zum Thema erstellt hat.

Gernot Rainer, Gründer von Asklepios.
Gernot Rainer, Gründer von Asklepios.Asklepios

Ob die Stadt Wien bei einer Zuerkennung mit Asklepios verhandeln würde, wollte man aus dem Büro von Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) am Donnerstag nicht beantworten. Zu hypothetischen Fragen gebe es keine Stellungnahmen. Wehsely hat bereits Ende März erklärt, dass es sich bei Asklepios um keine Gewerkschaft handle.

Für die Gemeinde kämen ausschließlich gesetzliche oder freiwillige kollektivvertragliche Interessenvertretungen als Verhandlungspartner infrage. Denn nur bei diesen stehe die demokratische Legitimation außer Zweifel. Bei gesetzlichen Vertretungen sei dies durch Wahlen der Fall, bei den freiwilligen durch die Zulassung durch das Bundeseinigungsamt.

„Nur eine Gruppe vertreten“

Rückendeckung bekommt Wehsely vom Leitenden Sekretär im ÖGB, Bernhard Achitz. Er stößt sich unter anderem daran, dass Asklepios nur eine Gruppe im Gesundheitswesen, nämlich die Ärzte, abdecke. Es ginge ja auch nicht, dass auf einem Kreuzfahrtschiff der Kapitän nur mit den Offizieren verhandle und die Matrosen und Kellner beiseitelasse. Der ÖGB sei dagegen immer bestrebt, alle Berufsgruppen zu vertreten. Sich selbst Gewerkschaft zu nennen reiche eben nicht aus. Ein Argument, das Gernot Rainer nicht gelten lässt. „So gesehen dürfte es auch keine Lehrergewerkschaft geben.“

Dass Stadträtin Wehsely die Ärztekammer nicht mehr an der Umsetzung der neuen Arbeitszeitregelungen beteiligen will, hält Rainer für "de­mo­kra­tie­po­li­tisch fragwürdig". Als "legitimierte Vertretung der Ärzteschaft" stünde Asklepios jedoch auch in dieser Sache für Gespräche zur Verfügung.

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