Bankgeheimnis mit Steuerreform "weitgehend weg"

Im Kontoregister sollen österreichweit nicht nur Konten von Unternehmen, sondern auch von Privaten aufscheinen.

Mit den am Dienstag in Begutachtung geschickten Regierungsplänen zur Steuerreform wird das österreichische Bankgeheimnis in seiner bisher bekannten Form bald Geschichte sein. Mit der geplanten Einrichtung eines zentralen Kontoregisters und der Erweiterung der Ausnahmebestimmungen vom Bankgeheimnis falle das Bankgeheimnis "weitgehend weg", erklärte Steuerexperte Werner Doralt am Dienstag im Ö1-Mittagsjournal.

Mit den geplanten Gesetzesänderungen sind personenbezogenen Daten, die bisher von den Kreditinstituten geheim gehalten werden mussten, nicht mehr im selben Umfang gegenüber der Übermittlung an Abgabenbehörden, die Staatsanwaltschaft oder Gerichte geschützt, heißt es im Vorblatt zum Gesetzesentwurf.

Im Kontoregister sollen österreichweit nicht nur Konten von Unternehmen, sondern auch von Privaten aufscheinen und somit eine Lücke geschlossen werden. Bedeutend erleichtert wird auch die Einschau in die Konten. Musste die Abgabenbehörde bisher ein Finanzstrafverfahren einleiten, um das Bankgeheimnis aufzuheben, genügt in Zukunft, dass sie einseitig Bedenken gegen die Richtigkeit der Abgabenerklärung hat, und kann mit diesen Bedenken ein Auskunftsverlangen an die Bank richten. Doralt betonte, die Behörde könne nicht einfach zur Bank zu gehen und ohne Verdacht die Öffnung der Bankkonten zu verlangen. Ein geringer Verdacht würde aber für den Zugriff auf die Bankdaten ohne Einleitung eines Finanzstrafverfahrens reichen.

Für den Banken-Sprecher in der Wirtschaftskammer (WKÖ), Franz Rudorfer, stellen die Regierungspläne einen massiven Eingriff in die finanzielle Privatsphäre der Österreicher dar. Es gelte nunmehr, die "Vertraulichkeit" so weit als möglich weiterhin zu wahren. Die Umsetzung des Kontoregisters werde mindestens bis Ende 2016 dauern, so Rudorfer.

Die Regierung begründet die geplante Aufweichung des Bankgeheimnisses mit der "einfachen und schnellen Erlangung von Kontoinformationen im abgabenrechtlichen Verfahren zur Sicherstellung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung". Und weiters mit der Einführung des globalen Standards für den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten in Steuersachen aufgrund der EU-Richtlinie 2014/107/EU und des Regierungsübereinkommens vom 29. Oktober 2014. In diesem Für Kreditinstitute wird auch die Meldepflicht für größere Geldbewegungen eingeführt.

Die Regierung rechnet für die neuen Melde- und Sorgfaltspflichten im Zeitraum 2015 bis 2019 mit einem zusätzlichen jährlichen administrativen Aufwand im sechsstelligen Bereich. Die Mehreinnahmen für Länder, Gemeinden und Sozialversicherungsträger aus dem Vorhaben werden im dreistelligen Millionenbereich erwartet. Die Aufteilung sei abhängig von der Zusammensetzung der hinterzogenen Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge und eine Schätzung realistischerweise nicht möglich.

Für die betroffenen Unternehmen wird mit einmaligen Implementierungskosten im zweistelligen Millionenbereich gerechnet - für die gesamte Branche. Die laufenden Kosten seien gering. Für die heimischen Finanzinstitute - Banken und Versicherungen - werden die Verwaltungskosten für die Umsetzung des Gemeinsamer Meldestandard-Gesetzes (GMSG) nach WKÖ-Angaben einmalig zwischen 40 und 60 Mio. Euro liegen und die laufenden Kosten 5 bis 10 Mio. Euro pro Jahr betragen.

(APA)

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