"Notstand": Zeltstädte für Flüchtlinge

Sportplatz im Gelände der Landespolizeidirektion in Linz
Sportplatz im Gelände der Landespolizeidirektion in Linz(c) APA/LPD/MICHAEL DIETRICH
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Drastische Konsequenzen zieht Ministerin Mikl-Leitner wegen des Asylwerberansturms. In vier Bundesländern werden eilig Notquartiere eingerichtet. Am Freitag folgt ein Krisengipfel.

Wien/Linz/Salzburg. Pläne hat es seit Monaten gegeben, vor Weihnachten 2014 wurden bereits Vorkehrungen getroffen: Seit dem gestrigen Feiertag, Christi Himmelfahrt, greift Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) tatsächlich auf Notmaßnahmen zurück. Der Zustrom von Flüchtlingen ist zuletzt wieder stark gestiegen. Asylwerber werden in drei Zeltstädten in Oberösterreich und Salzburg sowie im neuen Schubhaftzentrum im steirischen Vordernberg einquartiert. Auch das bereits im Winter 2014/15 als Quartier genützte Amtsgebäude in Wien-Erdberg wird Asylwerber beherbergen.

Während die EU über eine Flüchtlingsquote nach wie vor uneins ist, hat sich in Österreich die Situation deutlich zugespitzt. Der Grund: In der vergangenen Woche gab es einen Rekordwert an Asylanträgen – 1000 in nur drei Tagen. Das ist die höchste Marke seit 2006. Insgesamt sind laut Innenministerium 34.000 Flüchtlinge in Österreich.

Die Folge: Donnerstagfrüh teilte das Innenressort mit, es würden Zeltstädte an drei Standorten eingerichtet, zwei in Oberösterreich (in Linz und im Erstaufnahmezentrum Thalham im Attergau) sowie eines in Salzburg auf dem Gelände der Landespolizeidirektionen, jeweils für 96 Personen. Im Lauf des Tages wurden Zelte aufgebaut. Der Linzer Polizeisprecher, David Furtner, beklagte: „Es ist traurig, das tun zu müssen, wenn gleichzeitig Kasernen wie Ebelsberg leer stehen – es fehlt der politische Wille, die Polizei handelt.“ Ein beheizbares Acht-Mann-Zelt mit Feldbetten kostet rund 3000 Euro. Man richtete sich auf 300 Personen ein.

Allerdings haben die Attergauer Bürgermeister in einem offenen Protestschreiben an Mikl-Leitner eine Zeltstadt in Thalham prompt abgelehnt. Man habe die geplante höhere Kapazität – derzeit sind es 200 Asylwerber – „mit Bestürzung“ vernommen. Zusätzlich zu den Zeltstädten wird das Quartier in Erdberg im dritten Wiener Bezirk wieder eröffnet. Dieses war schon von Oktober 2014 bis Ende Jänner 2015 als Notquartier genutzt worden. Kapazität: 350 Plätze.

Sportplatz im Gelände der Landespolizeidirektion in Linz
Sportplatz im Gelände der Landespolizeidirektion in LinzAPA

In Vordernberg für 48 Stunden

Weiters wird das nahezu leere Schubhaftzentrum im obersteirischen Vordernberg künftig genutzt. Allerdings sollen Flüchtlinge hier maximal zwei Tage lang bleiben. „Wir haben immer gesagt, wir sind kein Erstaufnahmezentrum, haben uns aber in dieser Notsituation bereiterklärt zu helfen. Die Flüchtlinge bleiben bei uns jedoch nicht länger als 48 Stunden“, erklärte Bürgermeister Waltner Hubner (SPÖ) der „Presse“.

Am Freitag findet ein Krisengipfel statt, an dem Vertreter der NGOs, des Verteidigungsministeriums, Kirchenvertreter und das Innenministerium teilnehmen. Ministerin Mikl-Leitner ist nicht anwesend, sie wird durch den für Asyl zuständigen Abteilungsleiter Peter Webinger vertreten. Oberste Priorität hat für das Innenministerium die Schaffung fester Quartiere, dann Wohncontainer statt der Zelte. Salzburgs Landesrätin Martina Berthold fordert vom Bund eine Öffnung der Kasernen für Flüchtlinge.

Kirche hilft in Klosterneuburg

Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner berichtete der „Presse“, die frühere Kaserne in Klosterneuburg, die vom Stift gekauft wurde, werde ab Ende Mai mithilfe der Caritas weiter für Flüchtlingsquartiere genutzt. Dem Vernehmen nach fasse man in Horn ein weiteres Gebäude ins Auge. Dort lege sich aber der Bürgermeister quer. Mikl-Leitner drängt auf eine bessere Verteilung der Flüchtlinge in der EU: „Jetzt heißt es: Umsetzen, umsetzen, umsetzen! Sonst wird die Situation in Europa endgültig kippen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2015)

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