Weiterbildung selbst gemacht

Interne Akademien. Unternehmen organisieren die Bildung ihrer Mitarbeiter immer öfter selbst. Das erhöht den Lerneffekt, ist gut fürs Geschäft und bringt Vorteile im Kampf um die Generation Y.

Seit 2007 bilden sich die „Stiegler“ in der firmeneigenen Akademie weiter. „Stiegler“, so nennen sich die Mitarbeiter der Salzburger Privatbrauerei. Neben Seminaren und Lehrgängen zu den Themen Verkauf und Führung gibt es auch Kurse zum Thema Bierkompetenz.

Stiegl ist nur eines von vielen Unternehmen, das auf firmeninterne Ausbildung setzt. Je spezifischer die Kompetenzen der Mitarbeiter sein müssen, desto sinnvoller ist die Einrichtung einer firmeneigenen Akademie.

Konkrete Zahlen liefert das statistische Amt der EU: 77,9 Prozent der österreichischen Unternehmen, die ihre Mitarbeiter aus- und weiterbilden, setzen gänzlich oder zumindest teilweise auf firmeninterne Kurse oder Akademien.

Auf Unternehmen abgestimmt

Ein Vorteil wird schnell klar: „Erfolgsfaktor ist, dass die Strategie der Aus- und Weiterbildung zu 100 Prozent mit der übergeordneten Firmenstrategie abgestimmt ist“, sagt Verena McDermott-Schlegel, Leiterin der UniCredit Academy. Zudem seien passende Angebote auf dem Ausbildungsmarkt oft nicht vorhanden. Etwa im Banking sei es besonders schwer, extern gute Trainings zu finden.

„Unternehmen wollen, dass das Wording, firmeninterne Spezialitäten und die Kultur auch in den Ausbildungsmaßnahmen beibehalten werden“, sagt Dirk Schwendt vom Bereich Talent & Organization des Beratungsunternehmens Accenture. Lediglich bei allgemeinen Themen wie Compliance oder Korruptionsbekämpfung würden Unternehmen verstärkt auf externe Trainings zurückgreifen. „Durch die jahrelange Zusammenarbeit mit denselben Trainern, sind unsere Bildungsmaßnahmen einheitlich, und es ist keine Einschulung von Externen mehr nötig“, sagt Alexander Pertele von der Privatbrauerei Stiegl.

„Die Generation Y erwartet vom Arbeitgeber, dass er Weiterbildungsangebote und Möglichkeiten zur Entwicklung anbietet“, sagt McDermott-Schlegel. Diese Angebote müssen flexibel und digital sein – wie die Generation Y selbst. Attraktive Weiterbildungsangebote verbessern folglich das Image und verschaffen Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil im Kampf um die besten Arbeitskräfte.

Raus aus dem Klassenzimmer

„Im Idealfall lässt sich Weiterbildung in den Arbeitsalltag integrieren“, sagt Schwendt. Mit externen Angeboten sei eine solche Flexibilität kaum umsetzbar. Aus diesem Grund kommen zunehmend digitale Kanäle zur Verwendung. „Besonders vertriebsorientierte Unternehmen nutzen kürzere Einheiten, sogenannte Learning Bits für zwischendurch.“

Auch die Inhouse Academy der Bank Austria setzt kaum mehr auf „Klassenzimmertrainings“: 70 Prozent, so besagt die 70/20/10-Lernstrategie, lernt der Mensch „on the Job“. 20 Prozent von Kollegen und zehn in Kursen. Diese sind besonders fruchtbar, wenn das Programm Bezüge zwischen Theorie und Unternehmenspraxis herstellt.

Umgesetzt werden diese zehn Prozent der Weiterbildung unter anderem in Form von E-Learning, mittels Online-Sprachkursen und Podcasts, virtuellen Lernkarten oder Videoclips. Pro Jahr werden 250 verschiedene Lernmaßnahmen zu 900 Terminen angeboten. Durchschnittlich absolviert ein Mitarbeiter vier Lerntage pro Jahr. Was außerdem wesentlich zum Erfolg firmeninterner Weiterbildung beiträgt:

CEO-Commitment: Die Geschäftsführung muss zu aktiver Beteiligung verpflichtet sein.

Finanzierung: Akademien kosten Geld, führen aber letztlich zum Erfolg, wenn Ausbildungsinhalte und Strategie abgestimmt sind.

Qualität: Das Angebot muss mit dem auf dem Markt mithalten können.

AUF EINEN BLICK

Firmeneigene Akademie. Interne Aus- und Weiterbildung wird zum Vorteil, wenn sie optimal auf die Geschäftsziele und die Unternehmenskultur abgestimmt ist. Firmen sparen sich die Suche nach externen Programmen und müssen keine Trainer einschulen. Ein flexibles und digitales Angebot verbessert das Image als Arbeitgeber und erhöht die Lernerfolge. Voraussetzung: Die Chefetage ist mit an Bord.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2015)

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