Pensionsversicherung: Mit Intervention zum Kuraufenthalt?

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Bei den öffentlich Bediensteten sollen politische Interventionen zu ungerechtfertigten Bewilligungen für Kuren verholfen haben. Der Rechnungshof prüft nun.

„Ich habe es satt, von der Anstaltsleitung genötigt zu werden, dubiose Vorkommnisse wider Dienstordnung, Richtlinien und Gesetze totschweigen und an der Vertuschung aktiv mitwirken zu müssen.“ Wie das WirtschaftsBlatt berichtete, erhebt ein anonymer Mitarbeiter schwere Vorwürfe gegen seinen Arbeitgeber, die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA). In einem E-Mail an Rechnungshof-Präsident Josef Moser listet er auf fünf Seiten Verfehlungen, etwa in puncto Personalentscheidungen, auf und wirft der BVA und ihrem Präsidenten, ÖVP-Gewerkschafter Fritz Neugebauer, parteipolitische Motive vor.

Im Zuge einer Prüfung mehrerer österreichischer Versicherungsträger befasst sich der Rechnungshof derzeit auch mit der BVA. „Derartige Vorwürfe müssen in eine laufende Prüfung einbezogen werden“, sagt Franz Fiedler, Ehrenpräsident von Transparancy International und ehemaliger Präsident des Rechnungshofes. „Das ist passiert“, so eine mit der Situation vertraute Person. Der Rohbericht über die BVA wird derzeit fertiggestellt und soll in Kürze vorliegen.

Bei Kuren bevorzugt

Die Vorwürfe des Mitarbeiters sind nicht nur auf den Personalbereich beschränkt. In dem E-Mail, das der „Presse“ vorliegt, kritisiert er auch die Genehmigung von „erweiterten Heilbehandlungen“, also Kuren. So gebe es in der Genehmigungsabteilung eine „Interventionsschiene“, über die Anträge von Vorstands- und Ausschussmitgliedern bevorzugt behandelt würden. „Von Personalvertretern öffentlicher Dienststellen werden Kuranträge regelrecht eingesammelt, um sie über die befreundete BVA-Personalvertretung einlangen zu lassen“, so der Vorwurf. Normalerweise gilt für Versicherte die „2/5-Regelung“: maximal zwei Kuraufenthalte in fünf Jahren. Über die Verbuchung als „Landaufenthalte“ und „Genesungsaufenthalte“ würden Bevorzugte aber mitunter jährlich eine „dreiwöchige Urlaubsverlängerung zum Nulltarif“ erhalten.

Der Mitarbeiter geht davon aus, dass bei Prüfung durch den Rechnungshof ein Naheverhältnis zwischen Versicherten mit häufigen Kur-, Reha- oder Genesungsaufenthalten und Führungskreis sowie Betriebsrat der BVA zu Tage kommt. „Mir ist kein Fall bekannt, in der die 2/5-Regel gebrochen wurde“, sagt der Generaldirektor der BVA, Gerhard Vogel. Ausgenommen von der Regel seien Rehabilitationen nach einem Krankenhausaufenthalt. „Zuschüsse für Landaufenthalte gibt es außerdem seit Jahren nicht mehr“, so Vogel weiter. Auch bei den Dienstzeiten würden Verfehlungen nicht nur nicht geahndet, sondern gefördert, so der Vorwurf. Per Stempelkarte werden Dienstbeginn und -ende aufgezeichnet. Nicht aber die 30-minütige Mittagspause, die theoretisch drei Stunden hindurch, zwischen 11 und 14 Uhr, konsumiert werden kann und von „vielen Abteilungen nicht kontrolliert wird“. Bei knapp 2000 Mitarbeitern lässt sich die BVA im Höchstfall „täglich um hunderte Stunden Arbeitszeit betrügen“, schreibt der BVA-Mitarbeiter.

Derzeit stelle man in allen Einrichtungen der BVA auf ein Chipsystem zur Aufzeichnung um, so Generaldirektor Vogel. Die Mittagspause müsse auch weiterhin nicht aufgezeichnet werden. Für die Kontrolle dieser gebe es Abteilungsleiter und Vorgesetzte. Dass vom Betriebsrat Essensmarken für Lokale ausgegeben werden, zu denen die Fußwegzeit hin und retour die Pausenlänge überschreitet, sieht Vogel nicht als Problem: „Wer länger Pause macht, muss das eben einarbeiten.“ Wie dies kontrolliert wird, wenn die Mittagspause nicht aufgezeichnet wird, bleibt offen.

Verfahren anhängig

Die angeblichen Verfehlungen der BVA – etwa das Schaffen neuer Führungsposten oder gezielte Stellenausschreibungen auf bestimmte Personen – haben bereits zu Arbeitsrechtsprozessen geführt. Vor Kurzem wurde die BVA in einem Verfahren wegen Diskriminierung schuldig gesprochen. Gerhard Vogel spricht von zwei aktuellen Verfahren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.05.2015)

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