Steuerreform: Bankgeheimnis könnte doch bleiben

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ÖVP-Klubobmann Lopatka distanziert sich vom Vorschlag, das Bankgeheimnis abzuschaffen. Aus der SPÖ kommt von Landeshauptmann Niessl Kritik an dem Vorhaben.

Wien. Lange hat es nicht gedauert: Von der ersten öffentlichen Kritik an dem Vorhaben, das Bankgeheimnis in Österreich abzuschaffen, bis zu dem Tag, an dem niemand die Idee dafür gehabt haben will, verging nicht einmal eine Woche. Gestern machte ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka bei einer Pressekonferenz klar, dass die Gesetzesvorlage „in der vorliegenden Fassung“ nicht umgesetzt werde.

Lopatka griff damit auf, was sein Parteichef und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner Ende vergangener Woche bereits der „Presse“ erklärt hatte: „Ich kann den Bedenken etwas abgewinnen“ und „Korrekturen im Lauf der Begutachtung sind normal.“ Er ging aber noch einen Schritt weiter, indem er sich von dem Vorschlag distanzierte. Bei dem Begutachtungsentwurf, der Finanzbehörden bei Verdacht die Einsicht in Konten erlaubt, handle es sich „um den Wunsch der Spitzenbeamten des Finanzministeriums“. Dies sei nur „eine Variante“, die im Zuge der Begutachtung noch nachjustiert werde.

In der bisherigen Diktion der Regierung war immer von „Nachbesserungen“ oder „Präzisierungen“ die Rede, wenn es um Änderungen einzelner Punkte der Steuerreform ging.

Massive Länderfront

Dass die Fraktionsspitze der Volkspartei einlenkt, überrascht insofern nicht, als die Kritik an dem Vorhaben kontinuierlich größer geworden ist. Den Stein ins Rollen gebracht hatte der im Wahlkampfmodus laufende steirische VP-Obmann, Hermann Schützenhöfer, der vergangene Woche mit dem Nein der steirischen Abgeordneten im Nationalrat gedroht hatte, sollte die Möglichkeit zur einfachen Kontoeinschau wie geplant kommen. Auch der parteiunabhängige Justizminister, Wolfgang Brandstetter, zeigte sich skeptisch gegenüber der Vorlage.

Über das Pfingstwochenende folgten weitere ÖVP-Politiker, allen voran Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll und ÖAAB-Obfrau Johanna Mikl-Leitner, die sich kritisch äußerten. Am Dienstag ging es innerhalb der ÖVP in dieser Tonart weiter. Eine Einsichtnahme in ein Konto dürfe es grundsätzlich nur unter bestimmten Bedingungen geben, auszuschließen seien „Automatismus und Willkür“, meinte etwa Vorarlbergs Landeshauptmann, Markus Wallner. Sein Salzburger Amtskollege, Wilfried Haslauer, erkannte im Begutachtungsentwurf „Änderungsbedarf“, etwa in der Frage der Konteneinschau. Genauso sehen das die Landesparteichefs im Burgenland, in Wien und Kärnten.

Sondersitzung am 8. Juni

Kurz nachdem die SPÖ in Gestalt von Klubchef Andreas Schieder öffentlich die „Handschlagqualität des Koalitionspartners“ in dieser Frage vermisst hatte, distanzierte sich mit Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl erstmals auch ein hochrangiger SPÖ-Politiker von dem Vorhaben. Es könne nicht sein, dass „die hart arbeitenden Menschen, die ihr kleines Erspartes zusammentragen, generell verdächtigt werden“, meinte Niessl, in dessen Bundesland am Sonntag gewählt wird. Entweder solle wie bisher ein Richter über Kontoöffnungen entscheiden oder eine Einrichtung, „die Missbrauch garantiert ausschließt“.

Damit konterkariert er den SPÖ-Klubobmann, der einen richterlichen Beschluss als Voraussetzung abgelehnt hatte. Im Entwurf sei ohnehin klargestellt, dass es nur bei begründetem Verdacht zu einer Einschau kommen könne, so Schieder vor Niessls Ansage.

Ganz ohne eine Regelung dieser Art dürfte es letztlich nicht gehen, denn auch die Grünen, deren Zustimmung die Koalition für die Verfassungsmehrheit benötigt, sind auf diese Linie eingeschwenkt. Vizechef Werner Kogler meinte, für Grenzfälle brauche es eine gerichtsähnliche Instanz. Er bezeichnete Österreich aber als „Schurkenstaat in puncto Finanzkriminalität“. Die anderen Oppositionsparteien lehnen das De-facto-Ende des Bankgeheimnisses dezidiert ab.

Am 8. Juni, also deutlich nach den Wahlen in der Steiermark und im Burgenland (31. Mai), wird sich der Nationalrat auf Antrag von Team Stronach und Neos bei einer Sondersitzung mit dem Bankgeheimnis und dem „gläsernen Bürger“ beschäftigen. (rie/APA)

AUF EINEN BLICK

Das Ende des Bankgeheimnisses in seiner ursprünglich geplanten Form dürfte schon wieder passé sein. VP-Klubchef Lopatka versicherte am Dienstag nach anhaltender innerparteilicher Kritik, dass die Vorlage in dieser Fassung nicht umgesetzt werde. SPÖ-Klubchef Schieder vermisst Handschlagqualität des Koalitionspartners. Doch auch Burgenlands SPÖ-Chef Niessl wünscht sich Änderungen bei der Vorlage.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2015)

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Kommentare

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Sie hätte für starken Rückenwind für die mehr oder weniger schwächelnden Koalitionspartner sorgen sollen – vor allem bei den drei Landtagswahlen.

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