Justizministerium: Weisenrat griff viermal ein

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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In 40 Fällen gab es im Vorjahr Weisungen. Die Zahl der informellen Besprechungen bleibe aber unklar, beklagen die Grünen.

Wien. Während das Justizministerium an der Reform des Weisungsrechts arbeitet, liegen nun die aktuellen Zahlen vor. Demnach gab es im Vorjahr in 40 Fällen Weisungen des Ministeriums an die Oberstaatsanwaltschaft. In neun Fällen handelt es sich um clamorose Fälle, also um berichtspflichtige Fälle, die medial für Aufsehen gesorgt haben. Das zeigt eine Anfragebeantwortung von Justizminister Wolfgang Brandstetter an den grünen Justizsprecher, Albert Steinhauser.

Der von Brandstetter eingesetzte Weisenrat befasste sich im Vorjahr mit 34 Erledigungsvorschlägen, in denen die Weisen um ihre Meinung zu einer beabsichtigen Weisung des Ministeriums gefragt wurden. In 30Fällen erhob der Weisenrat keine Einwände. In zwei Fällen verhinderte der Weisenrat eine Weisung, in zwei weiteren wurde der Vorschlag des Ministeriums modifiziert. Den vollständigen Ermittlungsakt ließ sich der Weisenrat aber nie vorlegen, sondern er entschied auf Basis der ihm vom Ministerium übermittelten Berichte.

Die Zahl der Weisungen ist nicht hoch, bedenkt man, dass die Oberstaatsanwaltschaften im Vorjahr 5139 Berichte dem Justizministerium vorgelegt haben (724 davon Vorhabensberichte). Aus der Anfragebeantwortung gehe aber nicht hervor, wie oft bereits im Weg einer mündlichen Erörterung zwischen Oberstaatsanwaltschaft und Justizministerium eine Entscheidung getroffen und damit eine Weisung obsolet wurde, sagt Steinhauser. „Solche mündlichen Erörterungen sind zulässig, sind aber das potenzielle Einfallstor für eine mögliche politische Beeinflussung“, meint der Abgeordnete im Gespräch mit der „Presse“. Brandstetter erklärte in der Anfrage, dass Oberstaatsanwaltschaften „nicht zwingend Aufzeichnungen über Dienstbesprechungen führen“ und man daher diese Daten nicht erhoben habe.

Brandstetter will den bisher provisorischen Weisenrat im Zuge der Reform gesetzlich fixieren, um dem Verdacht politischer Einflussnahme vorzubeugen. Solang es informelle mündlichen Erörterungen ohne Transparenz gebe, nütze das aber wenig, meint Steinhauser.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2015)

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