Finanz will Fingerabdrücke nehmen

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"Presse"-exklusiv: Für die Aufklärung von „bedeutenderen Finanzvergehen“ wollen Finanzbeamte künftig Fingerabdrücke nehmen können. Ein entsprechender Passus findet sich in den Steuerreformgesetzen.

Während sich alle Aufregung über die Steuerreform auf das Ende des Bankgeheimnisses konzentriert, geht ein geplanter und weitaus größerer Eingriff in die Privatsphäre der Österreicher völlig unter: Die Finanzbehörden wollen künftig nämlich auch Fingerabdrücke nehmen können. Die Abdrücke sollen zur Aufklärung von „bedeutenderen Finanzvergehen“ verwendet werden. Auch IP-Adressen will die Finanz haben, um feststellen zu können, wer hinter einem bestimmten E-Mail steckt.

Der Passus zu den Fingerabdrücken ist sehr unauffällig formuliert und findet sich in einem Zusatz zu § 99 Finanzstrafgesetz. Die geplante Novellierung ist Teil jenes umfangreichen Gesetzeskonvoluts zur Steuerreform, das derzeit in Begutachtung ist. In dem Zusatz ist auch nie von „Fingerabdrücken“ die Rede, die Juristen des Finanzministeriums verwenden den weniger geläufigen Ausdruck „Papillarlinienabdrücke“.

In einem neuen Absatz soll Folgendes festgelegt werden: „Soweit es für die Aufklärung von gemäß § 58 Abs. 2 lit.a in die Zuständigkeit eines Spruchsenates fallenden Finanzvergehens zweckdienlich ist, ist die Finanzstrafbehörde auch befugt, von Beschuldigten, von denen aufgrund bestimmter Tatsachen angenommen werden kann, dass sie Spuren hinterlassen haben, Papillarlinienabdrücke zu nehmen.“

Diese Erlaubnis, Fingerabdrücke zu nehmen, soll bei Finanzdelikten ab einer Hinterziehung von 33.000 Euro gelten, bei Zollangelegenheiten ab 15.000 Euro.

In den Erläuterungen bezeichnen die Juristen die Abnahme von Fingerabdrücken als einen Zusatz zu den bereits bestehenden Berechtigungen zur Identitätsfeststellung. Die gehen freilich im aktuellen Finanzstrafgesetz nicht sehr weit. Derzeit dürfen die Behörden Namen, Geburtsdatum, Geburtsort, Beruf und Wohnanschrift von Verdächtigen ermitteln. Die Finanzstrafbehörden sind weiters befugt – und das wurde ausdrücklich im Gesetz festgehalten – „deren Größe festzustellen und sie zu fotografieren, soweit dies zur Identitätsfeststellung erforderlich ist“.

Die Abnahme von Fingerabdrücken ("Papillarlinien") soll in allen Fällen zulässig sein, in denen „aufgrund bestimmter Tatsachen angenommen werden kann, dass eine Person Spuren hinterlassen haben könnte (zum Beispiel an geschmuggelten Waren, die Gegenstand eines Finanzvergehens sind) und die als Maßnahme zur Aufklärung des damit zusammenhängenden Finanzvergehens erforderlich ist“.

Gespeichert werden die Fingerabdrücke nicht, sie sollen nach Abschluss des Finanzstrafverfahrens vernichtet werden, betont man im Erläuterungsteil. Damit sei sichergestellt, „dass diese nicht der automatisierten Weiterverarbeitung dienen“.

Auch IP-Daten sind gefragt

Bei Finanzverfahren wollen die Behörden künftig auch wissen, wer ein bestimmtes E-Mail geschickt hat. Das regelt ein Zusatz ebenfalls in § 99 Finanzstrafgesetz. Nach einer Verhandlung sollen Mobiltelefon- und Internetanbieter „die IP-Adresse zu einer bestimmten Nachricht und den Zeitpunkt ihrer Übermittlung“ bekannt geben müssen und weiters „Name und Anschrift eines Benutzers, dem eine IP-Adresse zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesen war“.

Die Juristen sehen IP-Adresse wie Telefonnummern, wie man den Erläuterungen entnehmen kann. Die Adressen sollen die Ermittlung der „Stammdaten des Benutzers gleich wie bei Festanschlüssen“ ermöglichen.

AUF EINEN BLICK

Steuerfahnder soll es künftig auch erlaubt sein, von Verdächtigen Fingerabdrücke zu nehmen.Und zwar bei schweren Finanzvergehen, bei denen „eine Person Spuren hinterlassen haben könnte“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2015)

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