Gesetzeslücke benachteiligt Mütter bei der Pension

(c) FABRY Clemens
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Ein Urteil kann manche Frauen, die in den Ruhestand gehen, Pensionsanspruch kosten. Die ÖVP-Arbeitnehmer drängen deswegen auf eine eindeutige Korrektur, um die Kindererziehung aufzuwerten.

Wien. Für etliche Mütter, die nach 1955 geboren wurden und jetzt und in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen, könnte es dabei eine unliebsame Überraschung geben. Viele von ihnen haben Kinder großgezogen und sind dafür zu Hause bei der Familien geblieben, statt über lange Zeit einem Erwerbsberuf nachzugehen. Selbst wenn sie ein paar Jahr arbeiten gegangen sind, könnten sie die notwendigen 15 Jahre für einen Anspruch auf eine eigene Pension verpassen – und die Anrechnung von Kindererziehungszeiten hilft in dem Fall auch nicht immer.

Der Grund ist eine Gesetzeslücke, die Mütter im ASVG gegenüber Frauen, die erst nach 2005 Kinder bekommen haben, benachteiligt. Während es nach dem neuen, vereinheitlichen Allgemeinen Pensionsgesetz seit 2005 möglich ist, dass fehlende Pensions- und Versicherungszeiten für die notwendigen 15 Jahre für eine Eigenpension angerechnet werden, ist das im ASVG offenkundig nicht so eindeutig der Fall. Dabei geht es darum, dass für sieben der 15 Jahre jedenfalls Erwerbstätigkeit vorliegen muss, daneben können auch Kindererziehungszeiten für eine Eigenpension angerechnet werden.

Der Sozialsprecher der ÖVP und Generalsekretär des schwarzen Arbeitnehmerbundes (ÖAAB), August Wöginger, macht Druck wegen dieser Lücke im ASVG: „Ich möchte das unbedingt korrigieren“, kündigte er im Gespräch mit der „Presse“ an. Die Koalition müsse das bei einer anstehenden ASVG-Novelle im Herbst erledigen, wobei er vonseiten des Koalitionspartners SPÖ keine Widerstände erwartet. Gespräche laufen.

Gericht reicht Regelung nicht

Die ursprüngliche Absicht des Gesetzgebers war es ohnehin, dass bei dieser Regelung, mit Kindererziehungszeiten notwendige Pensionszeiten aufzufüllen, bei den Müttern keine Unterschiede gemacht werden. Allerdings wurde diese Absicht von der schwarz-blauen Bundesregierung 2003/04 laut Wöginger nur in den Gesetzeserläuterungen festgeschrieben.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat mit einer Entscheidung aufmerksam gemacht, dass diese gegenwärtige Lösung nicht ausreicht. Es müsse ausdrücklich im Gesetz verankert werden, dass Kindererziehungszeiten auch für ASVG-Versicherte eine etwaige Lücke für einen Pensionsanspruch füllen können. Das sei beim seinerzeitigen Gesetzesbeschluss übersehen worden. Nach Anrufung des Höchstgerichts wurde die amtierende rot-schwarze Koalition auf dieses Problem aufmerksam.

„Das ist kein Massenphänomen“, räumt ÖVP-Sozialsprecher Wöginger ein. Allerdings könnten gerade Mütter, die mehrere Kinder großgezogen und sich dabei daheim um den Haushalt gekümmert haben, betroffen sein. Besonders in solchen Fällen kommt es häufiger vor, dass die Frau zuerst in jungen Jahren selbst noch einen Beruf ausgeübt hat, allerdings nur bis zur Geburt des ersten Kindes. Längere Berufs- und Versicherungsjahre würden daher bisweilen auf einen eignen Pensionsanspruch fehlen.

Weitere Verbesserung verlangt

Die Reparaturpläne liegen jedenfalls ganz auf der grundsätzlichen Linie der Volkspartei. Die ÖVP-Frauen mit ihrer Chefin, Dorothea Schittenhelm, und der ÖVP-Seniorenbund mit Obmann Andreas Khol fordern seit Längerem, dass eine andere „Lücke“ bei der Anrechnung der Kindererziehungszeiten geschlossen wird: Pro Kind sollen künftig in jedem Fall vier Jahre für die Pension angerechnet werden. Das ist derzeit nicht der Fall, wenn die Kinder in einem kürzeren Abstand geboren wurden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.05.2015)

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