Werner Faymanns Kernöl-Ängste

LATVIA EASTERN PARTNERSHIP SUMMIT
LATVIA EASTERN PARTNERSHIP SUMMIT(c) APA/EPA/VALDA KALNINA (VALDA KALNINA)
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Zwei Landtagswahlen bedeuten keinen Erdrutsch, aber weitere schlaflose Nächte für SPÖ-Chef und Bundeskanzler Werner Faymann. Egal, wie die SPÖ abschneidet, ihm schadet fast jedes Ergebnis.

In der um Aufmerksamkeit heischenden Berichterstattung ist dieser Tage von einem historischen Superwahljahr die Rede. Diese Attribute mögen vielleicht die Kandidaten angesichts ihres Spiegelbildes verspüren, super oder historisch ist 2015 aber fast nichts.

Es sind vier regionale Landtagswahlen, die in drei Fällen ganz sicher der bisher regierenden Partei wieder den ersten Platz bringen werden, und im vierten laut bisherigen Umfragen vermutlich auch. Vier lang dienende Landeshauptleute werden durch das Ziel gehen. Allen vier würde man durchaus den Ruhestand gönnen, dessen Beginn sie abhängig vom Ergebnis am Wahlabend selbst bestimmen können. Alle vier fürchten bei den Wahlen die FPÖ wie schon vor 20 Jahren. Alle vier haben Koalitionspartner, die sie bisher mehr ertragen als fürchten mussten.

Historisch, aber ganz und gar nicht super sind diese vier Wahlen nur für einen: für Werner Faymann. Verliert die SPÖ bei allen vier mehr als erwartet, ist er endgültig Geschichte. Der interne Druck würde zur Eruption führen, nur die legendäre Disziplin in der SPÖ sorgt nicht jetzt schon für eine Debatte um Chef und Linie. Und müssen Franz Voves und Michael Häupl nach miserablen Wahlergebnissen gehen, wäre Faymann zwar seine beiden intern gefährlichsten Widersacher los, er dürfte aber ganz sicher mit ihnen abziehen.

Schon dieser Sonntag könnte für Werner Faymanns – und damit Österreichs – weiteren Weg entscheidend sein. Und: In beinahe jedem Fall sind der Ausgang und der bisherige Wahlkampf unangenehm für ihn. Da wäre einmal die vermeintlich sichere Bank, das Burgenland. Dort hat Hans Niessl in den vergangenen Wochen im Wahlkampf jene Themen und Rhetorik verwendet, die nur schwer von jener zu unterscheiden ist, die zu Demonstrationen und Empörung in der SPÖ und bei Grünen führen, so sie in der FPÖ beobachtet werden. Dass Niessl sich die Koalitionsvariante mit der FPÖ lang offenließ, könnte die Bundespartei noch in Bedrängnis bringen. Dort gilt Rot-Blau als Sakrileg.

Die rote Lieblingswaffe, die Erinnerung an und Warnung vor Schwarz-Blau, wäre plötzlich stumpf, weil unglaubwürdig. Hat Niessl am Sonntag Erfolg, verliert also nur wenig, verliert Rot-Blau in der SPÖ an Schrecken. Verliert er stark, ist das eine Niederlage für Faymann, der seinen Landeshauptleuten mit der Steuerreform Rückenwind geben wollte.

Diesen verspürt aber auch Franz Voves in der Steiermark nicht. Egal, ob er am Sonntag stark oder katastrophal verliert, er wird Werner Faymann eine Mitschuld an der Niederlage geben. Sollte er sich einigermaßen auf Platz eins halten, wird die Frustration über das Minus so gewaltig sein, dass sie sich augenblicklich in Aggression gegen Wien und die Bundespartei umwandelt. Die Steuerreform, die jetzt auf ÖVP-Seite wegen des Falls des Bankgeheimnisses unter Druck gerät, könnte auch die SPÖ wieder einholen: Was wurde eigentlich aus der Vermögensteuer?

Kippt die Steiermark gar überraschend zur ÖVP, wie zuletzt von einigen Beobachtern prophezeit wurde, hätte Werner Faymann das zweite Bundesland verspielt. In Salzburg ist es Wilfried Haslauer gelungen, als glücklicher Verlierer Gabi Burgstaller vom Sessel zu stoßen. Gelänge diese Übung Hermann Schützenhöfer, wäre es Faymanns Fanal.

Für die anderen Bundesparteien steht weit weniger auf dem Spiel: Die ÖVP wird wieder einmal würdevoll bis realitätsfern das Minus weglächeln, die Rolle des Juniorpartners bedauern und wie immer keinen bundespolitischen Trend erkennen. (Es sei denn, Schützenhöfer... siehe oben.) Die Grünen werden sich in zwei parteiinternen Entwicklungsgebieten über jede Stimme freuen und von der Regierungsbeteiligung in Wien träumen. Die FPÖ wird endgültig erkennen, dass sie auch mit Caligulas sprichwörtlichem Pferd gewinnen würde, so die Kombination Regierung aus SPÖ und ÖVP, Flüchtlingswelle und steigender Arbeitslosigkeit gegeben ist. Das Team Stronach gibt es ohnehin nur noch auf dem Parlamentspapier.

Nur für die Neos könnte es sehr ernst werden: Scheitern sie nicht nur im Burgenland, sondern auch in der Steiermark, werden die Parallelen zum Liberalen Forum immer deutlicher und erhärtet sich der Verdacht, dass es sich bei den Neos nur um ein politisches Phänomen bestimmter bürgerlicher Bezirke Wiens handelt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2015)

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