Der „Grapsch-Paragraf“ fällt durch

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THEMENBILD: ´PO-GRAPSCHEN´(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Nach Kritik wegen unbestimmter Tatbestände gibt es Änderungen bei den Sexualnormen. Auch wird die weitgehende Milde bei gewerbsmäßigen Tätern zurückgenommen.

Wien. Ab 2016 soll das neue Strafgesetzbuch gelten. Doch einige Punkte im Begutachtungsverfahren sorgten für scharfe Kritik am Entwurf. Diesen Einwänden will man auf Regierungsebene nun nachkommen, wie die „Presse“ aus gut informierten Kreisen erfuhr. Die wichtigsten Änderungen im Detail:

•Kein„Po-Grapsch-Paragraf“: Der neu angedachte § 218 StGB war wegen seiner Unbestimmtheit kritisiert worden. So sollte es nicht nur wie bisher strafbar sein, eine ungewünschte geschlechtliche Handlung zu setzen. Sondern auch, jemanden durch eine „nach Art und Intensität einer solchen vergleichbare, der sexuellen Sphäre im weiteren Sinn zugehörige körperliche Handlung“ zu belästigen.

Diese Formulierung hätte nicht nur das Gesäß umfasst, wie etwa die Strafrechtsprofessoren Helmut Fuchs und Klaus Schwaighofer in der „Presse“ warnten. Auch Umarmungen oder Annäherungen beim Tanzen könnten strafbar werden und mit bis zu sechs Monaten Haft belangt werden. Zuletzt hatte auch Bundespräsident Heinz Fischer erklärt, dass „Vorsicht“ geboten sei. Die neuen Normen würden nur dann mehr Qualität bringen, „wenn es gelingt, Formulierungen zu finden, die die Berechenbarkeit der Judikatur nicht zur Lotterie macht“.

Solche hat man nun gesucht, aber nicht gefunden, heißt es. Zu schwer sei es, den Paragrafen zu begrenzen, wenn auch nicht geschlechtliche Teile darunter fallen sollen. Ein Freibrief für Po-Grapscher ist das freilich nicht. Die Tat kann, sofern sie in der Öffentlichkeit geschieht, als Ehrenbeleidigung strafrechtlich verfolgt werden. Zudem kann die Tat – abhängig vom Bundesland – verwaltungstrafrechtlich als Anstandsverletzung gelten.

•Neu formulierte Sexualnorm: Laut Entwurf sollte es künftig strafbar sein, wenn man mit einer Person „ohne deren Einverständnis“ Sex hat (bis zu zwei Jahre Haft). Die Formulierung war auf Kritik gestoßen. Es sei „eher unüblich, vor einer geschlechtlichen Handlung ausdrücklich sein Einverständnis zu erklären“, formulierte es Strafrechtsprofessor Kurt Schmoller im Begutachtungsverfahren. Schmollers Bedenken sollen nun Rechnung getragen werden, heißt es. Der Professor hatte vorgeschlagen, zumindest die Worte „ohne deren Einverständnis“ auf „trotz Ablehnung“ der betroffenen Person zu ändern.

• Gewerbsmäßigkeit etwas strenger: Die Gewerbsmäßigkeit von Straftaten sollte laut Entwurf stark entschärft werden. Konnte bisher die erste Tat dafür reichen (sofern der Täter vorhatte, das Delikt öfter zu begehen), sollte man künftig nur noch dann als berufsmäßiger Täter gelten, wen man innerhalb eines Jahres zumindest dreimal die Straftat ausübte. Justizvertreter (etwa das Landesgericht Wels) warnten aber, dass gerade ausländische Diebe dann mangels Gewerbsmäßigkeit nicht in Untersuchungshaft genommen werden könnten. Und sich vor einem Prozess in ihre Heimat absetzen.

Nun soll es Ausnahmen von der neuen Regel geben: Wenn ein Straftäter durch besondere Fertigkeit (Profidieb) oder durch präparierte Mittel (Einbruchswerkzeug) auffiel, kann weiterhin die erste Tat für die Gewerbsmäßigkeit reichen.

• Diversion auch bei häuslicher Gewalt: Während die Diversion (Wiedergutmachung ohne Strafurteil) grundsätzlich ausgebaut wird, sollte sie bei häuslicher Gewalt untersagt werden. Das sorgte für Widerstand, zumal laut Staatsanwälten gerade bei der häuslichen Gewalt die Diversion erfolgreich sei. Der Kritik will nun die Politik nachkommen und bei Gewalt im privaten Umfeld die Diversion weiterhin erlauben.

Widerstand gegen die Änderungen im StGB-Entwurf könnte es aber noch von SPÖ-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek geben: Denn das Verbot der Diversion bei häuslicher Gewalt war ebenso ihr politischer Wunsch wie der „Po-Grapsch-Paragraf“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2015)

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