Wien-Wahl: Jetzt wird es (noch) enger für Michael Häupl

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Bürgermeister Michael Häupl hat die Wien-Wahl auf den spätestmöglichen Termin gelegt – in der Hoffnung, dass die Umfragewerte steigen. Nach der Steiermark- und Burgenland-Wahl ist klar: Für die Wiener SPÖ, die mit Problemen kämpft, kann sich das als Bumerang erweisen.

Wien. Als der steirische Landeshauptmann, Franz Voves, im vergangenen Oktober seine neuerliche Kandidatur erklärte, entspannten sich die Gesichter bei den Genossen in Wien: „Wenn er antritt, kann es nicht so schlimm werden.“ Denn Voves sei ein Zugpferd: „Jetzt ist es völlig egal, selbst wenn die Wien-Wahl direkt nach der steirischen Landtagswahl stattfindet.“

Wiener haben sich getäuscht

Die Wiener Genossen haben sich getäuscht. Schwer getäuscht. Manche werden Voves nachträglich dankbar sein, dass er die Steiermark-Wahl vom Herbst auf Mai vorverlegt hat. Damit bleibt Michael Häupl erspart, im Sog eines SPÖ-Wahldebakels zu wählen. Immerhin hat es der Wiener Bürgermeister schon schwer genug. Denn die Ausgangslage für die Wahl am 11.Oktober ist aus Häupls Sicht sowieso schon schlecht genug: Die Partei kämpft seit einiger Zeit mit einer Mobilisierungsschwäche. Und die ist so groß, dass Häupl sich in der Vergangenheit mehr Gedanken um die Schlagkraft seiner Partei als um die FPÖ gemacht hatte.

Dazu hatte der grüne Koalitionspartner mit seinen Projekten (z. B. Neugestaltung der Mariahilfer Straße, 365-Euro-Jahreskarte) die gesamte öffentliche Aufmerksamkeit auf sich gezogen, während die SPÖ nichts Vergleichbares vorweisen konnte. In der öffentlichen Wahrnehmung wirkte die SPÖ (neben dem grünen Partner) deshalb oft uninspiriert und schwerfällig. Und als wäre das nicht genug, flogen (und fliegen) zwischen Rot und Grün regelmäßig die Fetzen. Es gab gegenseitig schwere Fouls, die Koalition stand vor dem Ende, die Streitereien schaden natürlich auch der SPÖ.

Diese Faktoren schlagen sich massiv auf die Umfragewerte der Wiener SPÖ nieder. Laut verschiedenen Umfragen rangiert die Partei bei etwa 38 Prozent, nachdem sie 2010 rund 44 Prozent erreicht hatte. Es gab aber auch schon eine Umfrage, wonach die SPÖ überhaupt nur mehr auf 35 Prozent kommt – weshalb Häupl (in der Hoffnung, dass sich irgendetwas verbessert) auf Zeit spielte und den spätestmöglichen Wahltermin nahm, den das Gesetz zuließ. Also den 11. Oktober.

Wie umgehen mit der FPÖ?

Man werde im Oktober der „blauen Hetze“ entgegentreten, kündigte Häupls Parteimanager und Wahlkampfleiter Georg Niedermühlbichler nun an. Nur: Diese rote Ankündigung gab es bei jeder Wien-Wahl – mit dem Ergebnis, dass die FPÖ laufend dazugewann. Bei der Wien-Wahl 2010 legte sie um elf Prozentpunkte zu, kam auf rund 26 Prozent. Das heißt nicht, dass sie ihren Zenit in Wien erreicht hat. Denn: Einerseits tritt nicht irgendein FPÖ-Statthalter gegen Häupl an, sondern Heinz-Christian Strache, der auch Wiener Parteichef ist. Andererseits kennt niemand in der SPÖ ein Rezept gegen den Ansturm der FPÖ, die nun mit viel Rückenwind segelt. Eine Ausgrenzung der FPÖ kann Häupl nicht retten – wie die Steiermark-Wahl gezeigt hat. Beendet die Partei die Ausgrenzung, bringt das Häupl auch nichts, wie Hans Niessl im Burgenland (er hat mehr als sechs Prozentpunkte verloren), gezeigt hat. Damit herrscht Ratlosigkeit in der SPÖ.

In den vergangenen Monaten hatte Häupl die FPÖ demonstrativ ignoriert – mit dem Hinweis, man habe sich vorrangig den Mobilisierungsproblemen zu widmen. Nur: Nach der Steiermark ist alles anders. Die SPÖ muss sich auf einen Anti-Ausländer-Wahlkampf einstellen. Oder mit eigenen Ideen Themen setzen, um das blaue Hauptthema zu überdecken. Nur: Das kann die SPÖ derzeit nicht. Im angelaufenen Wahlkampf ist von inspirierenden Ideen nichts zu merken. Vielmehr setzt die Partei auf einen sattsam bekannten Retro-Wahlkampf für ihre Kernklientel. Man baut wieder Gemeindebauten, es geht um Arbeitsplätze, Mieten, Einkommen und Klassenkampfrhetorik. Es ist also ein Aufguss bisheriger SPÖ-Wahlkämpfe.

Damit steht im Raum: Die SPÖ könnte am 11. Oktober so stark verlieren, dass sich eine Zweierkoalition nur mehr mit der FPÖ ausgeht. Doch Rot-Blau ist unrealistisch, nachdem die Wiener SPÖ traditionell weit links ist. Damit könnten die Neos, die den Einzug in den Landtag schaffen dürften, zu ihrer ersten Regierungsbeteiligung kommen – in einer Dreierkoalition.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2015)

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