Schelling holt sich 100 Pensionisten als Steuerfahnder

Finanzminister Hans Jörg Schelling
Finanzminister Hans Jörg SchellingAPA/ROBERT JAEGER
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OECD-Forum. Österreichs Finanzminister lässt eine eigene Pensionsreform-Kommission einrichten.

Viel Lob bekommt Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling dieser Tage nicht. Die Stichwörter: Steuerreform, Registrierkassen, die Heta-Abwicklung, Kärntens Beinahe-Konkurs. Doch beim Besuch des OECD-Forums in Paris gab es dann verbalen Balsam. Der für die viel zitierten Länder-Reports zuständige OECD-Direktor Álvaro Pereira stellte ein gutes Zeugnis und – wohl noch wichtiger – eine gute Prognose aus: Österreich soll 2016 mit einem Wachstum von 1,6 Prozent nach vier dürren Jahren endlich aus der wirtschaftlichen Schwächephase kommen. Heuer wird es noch bei sehr bescheidenen 0,6 Prozent bleiben.

Vor allem die Steuerreform werde den Privatkonsum befeuern, meinte Pereira. Aber: Damit ist es noch nicht getan. Weitere Steuerentlastungen, vor allem aber eine Senkung der Lohnnebenkosten, seien unumgänglich. Weitere Ziele, die Österreich laut OECD anpeilen sollte: Strukturreform bei den Pensionen, aber auch am Arbeitsmarkt, mehr Investitionen in Forschung und Technologie, Förderung von Crowdfunding und den verstärkten Kampf gegen Steuerhinterziehung. Den hat sich Schelling mit der Steuerreform, konkret: ihrer Finanzierung, ohnehin auf die Fahnen geschrieben. 500 Steuerfahnder werden befristet angeworben. 100 davon sind pensionierte Finanzbeamte, die für ein Jahr aus dem Ruhestand zurückgeholt werden, wie Schelling im Gespräch mit der „Presse“ ankündigt.

Pensionsreform schon 2016

Auch beim Thema Strukturreform will Schelling – vermutlich nicht zur Freude des Regierungspartners SPÖ – konkrete Maßnahmen setzen. In den kommenden beiden Wochen will er eine eigene Pensionsreformkommission einrichten. Schelling nennt sie lieber „Pensionssicherungskommission“.

In dieser sollen nationale und internationale Experten ein Maßnahmenpapier erstellen. Im kommenden Jahr soll die Reform mit dem Regierungspartner erarbeitet und beschlossen werden. Das sei schon rein statistisch notwendig: „In 15 Jahren haben wir automatisch ein Problem. Dann gehen die heute 50-Jährigen in Pension, das sind mehrere extrem geburtenstarke Jahrgänge. Das wird dann logischerweise schwer finanzierbar.“

Die Präsentation eines gemeinsamen Plans für die Pensionen ist schon fixiert und dank Schaltjahr ein seltener Tag: der 29. Februar 2016. Es gehe nicht um ein paar Monate früher oder später, sondern um eine langfristige Organisation des Pensionswesens. Gerade nach den schweren Wahlniederlagen in der Steiermark und im Burgenland für beide Regierungsparteien gelte es nun, sich auf Reformvorhaben zu konzentriere: „Denn in Wahrheit wurde den Wählern in den vergangenen Monaten der Eindruck vermittelt, dass wir nur auf nebensächliche Themen setzen und darüber streiten“, sagt Schelling. Sein Beispiel: Statt über den Milliarden-Finanzrahmen zu reden, diskutierte das Parlament und das halbe Land über die Militärmusikkapellen. „Wir haben echte Probleme, die müssen wir abarbeiten. Eines der wichtigsten ist die Flexibilisierung der Arbeitszeit, die wir angehen müssen.“

Auf einen Blick

Die OECD rechnet für 2015 mit einem globalen Wachstum von 3,1 Prozent – im November war sie noch von 3,7 Prozent ausgegangen. Schuld sei der miese Jahresauftakt in den USA. Positiver sieht sie die Situation für Deutschland, hier hat sie die Prognose auf 1,8 Prozent hinaufgesetzt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.06.2015)

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