„Grapsch-Paragraf“ fix: Po und Oberschenkel künftig geschützt

JUSTIZMINISTER BRANDSTETTER
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Der Ministerrat beschloss am Dienstag die Reform des Strafgesetzbuchs (StGB). Das neue Sexualstrafrecht kommt in einer entschärften Version, bleibt aber weiterhin umstritten.

Mit einigen bemerkenswerten Änderungen gegenüber dem Ursprungsentwurf beschloss der Ministerrat am Dienstag die Regierungsvorlage für das neue Strafgesetzbuch (StGB). Die wichtigsten Änderungen:

► „Grapsch-Paragraf“: Dieser war in der Begutachtung scharf kritisiert worden, weil er wegen der unkonkreten Formulierung selbst ungewünschte Umarmungen oder Berührungen beim Tanzen hätte strafbar machen können. Die Norm stellte auf die Belästigung durch eine „der sexuellen Sphäre im weiteren Sinn zugehörige körperliche Handlung“ ab.
Nun einigten sich Justizminister Wolfgang Brandstetter und SPÖ-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek auf eine neue Wortwahl. Strafbar ist, wer „eine andere Person durch eine intensive Berührung einer der Geschlechtssphäre zuzuordnenden Körperstelle in ihrer Würde verletzt“. Das Wort „intensiv“ soll strafwürdiges von straffreiem Verhalten trennen, geht es bei dem Paragrafen doch um bis zu sechs Monate Haft. „Sexuell konnotierte Belästigungen in einem noch weiteren Begriffsverständnis“ sollten ein Thema für das Verwaltungsstrafrecht und das Zivilrecht bleiben, heißt es in den Erläuternden Bemerkungen der Regierung zum Gesetz.
Ebendiese Erläuternden Bemerkungen besagen aber auch, dass die vom neuen strafrechtlichen Paragrafen geschützten „Körperstellen jedenfalls das Gesäß und den Oberschenkel umfassen“. Das Gesäß und der Oberschenkel waren bisher nicht von den Sexualdelikten umfasst (derartige Belästigungen konnten strafrechtlich bis dato höchstens als Ehrenbeleidigung verfolgt werden).
Die nun gewählte Formulierung sei „sicher besser als die alte im Entwurf“, sagt der Innsbrucker Strafrechtsprofessor Klaus Schwaighofer zur „Presse“. „Normale Umarmungen“ würden nun jedenfalls nicht unter den Paragrafen fallen. „Der Begriff ,der Geschlechtssphäre zuzuordnende Körperstelle‘ ist freilich nicht viel bestimmter als die frühere Formulierung des Entwurfs“, kritisiert Schwaighofer aber. Immerhin würden die Erläuternden Bemerkungen nun konkreter werden. Der Jurist möchte aber auch auf den neu formulierten Paragrafen verzichten: „Derartige Handlungen sind unerwünscht, absolut abzulehnen, aber gehören nicht in das Kriminalstrafrecht, weil es sich letztlich nicht um so schwere Sozialstörungen handelt“, meint er. „Ich könnte mir vorstellen, dass es auch immer wieder zu Einstellungen wegen Geringfügigkeit kommen wird“, sagt Schwaighofer über die geplante Norm.
Diese wird im Gesetz freilich nicht „Grapsch-Paragraf“ heißen. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim schlug etwa den Begriff „Sexuelle Demütigung“ vor, um den Unwertgehalt der Tat deutlicher hervorzuheben.

► Sexuelle Selbstbestimmung. In der Ursprungsvariante waren hier bis zu zwei Jahre Haft angedroht, wenn man mit einer Person „ohne deren Einverständnis“ sexuelle Handlungen setzt. Nach Kritik daran, weil man in der Regel keine Einverständniserklärung von einem Sexualpartner einholt, wird die Norm geändert. Nun ist die Rede davon, dass man mit einer Person nicht „gegen deren Willen“ geschlechtliche Handlungen setzen darf. Es geht hier um den Schutz wehrloser Personen.

► Erwerbsmäßigkeit und Wertgrenze: Die Erwerbsmäßigkeit (bisher Gewerbsmäßigkeit) wird entschärft, aber nicht so stark wie zunächst gedacht. In bestimmten Fällen kann weiterhin die erste Tat reichen, um als Berufstäter zu gelten (etwa, wenn man mit Einbruchswerkzeug erwischt wird). Auch Strafen für Vermögensdelikte werden weniger stark entschärft: Die Schadensgrenze, ab der die Höchststrafe verhängt werden kann, steigt von 50.000 auf 300.000 Euro (nicht 500.000).

► Doch Ermittlungen bei Drogen. Besitzer kleiner Drogenmengen müssen keine Strafe mehr fürchten, wenn sie mit Gesundheitsämtern kooperieren. Den Sachverhalt darf die Polizei aber entgegen dem Ursprungsplan nun doch aufklären. Um Dealertätigkeiten zu überprüfen.
Das neue StGB soll 2016 in Kraft treten. Es bringt strengere Strafen bei Körperverletzung. Die Verhetzung wird stärker sanktioniert, das Delikt des Landfriedensbruchs eingeengt, neue Strafnormen wie Cyber-Mobbing werden eingeführt. Die Diversion (außergerichtliche Bereinigung) wird auch für Delikte zugelassen, die vor ein Schöffen- oder Geschworenengericht gehörten, aber nicht mit mehr als fünf Jahren Haft bedroht sind (etwa räuberischer Diebstahl). Der Wunsch Heinisch-Hoseks, die schon erlaubte Diversion bei häuslicher Gewalt zu verbieten, wurde aus dem Entwurf wieder gestrichen.
Bezüglich der noch strittigen Bilanzdelikte wird es am 24. Juni ein Expertenhearing im Parlament geben. Ebenfalls erst auf parlamentarischer Ebene will man den Untreue-Paragrafen modifizieren.

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