Die Ärztekammer protestiert gegen das Vorhaben, Testpatienten in Ordinationen zu schicken.
Nicht nur die Querelen um die Ärztegehälter in den städtischen Spitälern in Wien, auch die geplante Einführung des "Mystery Shoppings" und von Ausweiskontrollen in den Ordinationen könnte den Patienten demnächst einen Arbeitsausstand der Mediziner bescheren. Davor hat am Mittwoch die Wiener Ärztekammer gewarnt.
Mit dem Sozialbetrugsbekämpfungs-Gesetz als Teil der Gegenfinanzierung der Steuerreform soll gegen E-Card-Missbrauch in Spitälern die Identität des Patienten jedenfalls mittels Ausweiskontrolle geprüft werden. Im niedergelassenen Bereich ist die Identitätsüberprüfung dann vorzunehmen, wenn der Patient dem behandelnden Arzt nicht persönlich bekannt ist. Darüber hinaus ist ein sogenanntes "Mystery Shopping" vorgesehen. Dabei sollen Testpatienten von den Krankenkassen in die Ordinationen geschickt werden, um zu überprüfen, ob nicht berechtigte Krankenstände ausgestellt oder Leistungen von Ärzten abgerechnet werden, die nicht oder nicht im angegebenen Ausmaß erbracht wurden.
Kritik der Interessensvertretung an diesem Vorhaben gibt es daran schon länger. Nun hat die Ärztekammer für Wien auch ihre Vollversammlung mit der Causa beschäftigt. Diese richte einen "scharfen Protest" gegen die Pläne, heißt es in einer Aussendung. Denn diese würden das Vertrauensverhältnis zwischen Ärzten und Patienten massiv untergraben. Die Behörde greife als "Staatsspitzel" in das Verhältnis ein. Mit solchen Maßnahmen zeige die Bundesregierung "offen ihr Misstrauen gegenüber Patienten und Ärztinnen und Ärzten gleichermaßen", wurde auch in einer Resolution festgehalten.
"Flächendeckend medienwirksame Protestmaßnahmen"
Die Nationalratsabgeordneten wurden laut Kammer von der Vollversammlung aufgefordert, diesen Teil der Steuerreform nicht zu beschließen. Die Österreichische Ärztekammer wiederum wurde ersucht, am kommenden Kammertag am 19. Juni in Oberösterreich "flächendeckend medienwirksame Protestmaßnahmen" zu beschließen. Vorgeschlagen wurde etwa eine österreichweite Plakataktion in den Ordinationen.
Für den Fall einer parlamentarischen Beschlussfassung ohne Konsens mit der Ärztekammer empfahl die Vollversammlung beiden Kurien (für angestellte und niedergelassene Ärzte, Anm.) aufeinander abgestimmte, "gleichzeitige Protest- bis hin zu besonderen Streikmaßnahmen" Anfang Herbst dieses Jahres durchzuführen.
Wobei nicht vergessen wurde, auf die Sondersituation in Wien hinzuweisen. Denn dort beginnt demnächst eine Abstimmung in den städtischen Spitälern, in der die potenzielle Streikbereitschaft in Sachen Gehaltsverhandlungen erhoben wird. Allfällige Streikmaßnahmen in den Gemeindespitälern sollten bei den Aktivitäten gegen die Ordinationskontrollen berücksichtigt werden, hieß es.
SPÖ kritisiert Streik-Drohung
SPÖ-Gesundheitssprecher Erwin Spindelberger kritisierte die Streikdrohung. Das sogenannte "Mystery Shopping" und die Identitätskontrollen hätten zum Ziel, Patientenrechte zu schützen und beste Gesundheitsleistungen zu gewährleisten, versicherte er.
Der "Rundumschlag" der Ärztekammer sei kontraproduktiv. Der überwiegende Teil der Ärzte in Österreich arbeite gewissenhaft, zeigte er sich überzeugt. Gegen "schwarze Schafe" in den Ordinationen vorzugehen, sei darum auch im Interesse der korrekt praktizierenden Ärzte.
(APA)