Strafrechts-Reform: Untreue-Neuregelung wackelt

Strafrechts-Reform: Untreue-Neuregelung schwankt
Strafrechts-Reform: Untreue-Neuregelung schwankt APA/HELMUT FOHRINGER
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SP-Justizsprecher Jarolim will die "Meinl-Klausel" aus dem rot-schwarzen Antrag streichen.

Der Justizausschuss diskutiert am Mittwoch mit Experten über die Strafrechtsreform. Zwischen SPÖ und ÖVP noch umstritten ist der Umfang der - gemeinsam vorgeschlagenen - Änderungen bei der Untreue-Regelung. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim will der "Meinl-Klausel" nicht zustimmen, auch die Grünen sind dagegen. Kritik gibt es auch am neuen Bilanzstrafrecht.

Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) hat einen Entwurf für eine große Reform des Strafrechts vorgelegt. Ausgespart blieb darin das Thema Untreue - wo seitens der Wirtschaft verstärkt seit dem "Libro-Urteil" des Obersten Gerichtshofes nach einer Klarstellung drängt, was als Untreue strafbar ist. Also haben die beiden Justizsprecher Jarolim und Michaela Steinacker (ÖVP) unter intensiver Einbindung von Strafrechts-Professor Helmut Fuchs einen Initiativantrag formuliert. Erklärtes Ziel ist die inhaltliche Präzisierung, damit Vorstände und Geschäftsführer wichtige Entscheidungen rascher, ohne viele Gutachten einzuholen, treffen können, ohne bei Misserfolg eine Verurteilung wegen Untreue zu riskieren.

"Rutsche zum Freispruch" in Causa Meinl

In einem Punkt geht Jarolim die Sache aber jetzt zu weit: In dem Antrag ist vorgesehen, dass keine strafbare Untreue vorliegt, wenn die Eigentümer (also "Machtgeber" oder "wirtschaftlich Beteiligten") einer Entscheidung zugestimmt haben. Mit den Begutachtungs-Stellungnahmen fiel Jarolim allerdings auf, dass damit das OGH-Urteil zur Causa Libro ausgehebelt würde - wonach nämlich nicht nur die Zustimmung der Eigentümer gegeben sein muss, sondern ein Vorstandsbeschluss, in dem auch die Interessen der Arbeitnehmer und öffentliche Interessen zu berücksichtigten sind. Außerdem wurde in Stellungnahmen bemängelt, dass man mit solch einer Regelung in der Causa Meinl "eine Rutsche zum Freispruch legen" würde.

An einer "Lex Meinl" will Jarolim aber nicht mitwirken. Angesichts der "maßgeblichen Einwendungen" innerhalb der Partei und von Experten sei es für ihn "kaum vorstellbar, dieser Bestimmung meine Zustimmung zu geben", bekräftigte er am Dienstag gegenüber der APA. Er hofft jedoch auf eine einvernehmliche Lösung, weil der Antrag prinzipiell für Wirtschaft und Standort enorme Vorteile brächte. Dies sollte man nicht gefährden durch ein Thema, "das zwei bis drei Prozent insgesamt" betreffe - darunter die sich in dieser Sache "stark artikulierende Meinl-Gruppe".

Mit dieser Klausel würde ziemlich sicher "das Meinl-Verfahren vereitelt" - und auch andere Ermittlungen vor allem im Bereich staatsnaher Unternehmen, meint der Grüne Justizsprecher Albert Steinhauser. Sie dürfte also auf keinen Fall kommen. Wobei Steinhauser den gesamten Untreue-Antrag für entbehrlich hält: "Die geplante Änderung würde mehr Unruhe reinbringen als vermeintliche Probleme lösen", sagte er zur APA. Auch FPÖ-Justizsprecher Harald Stefan bezweifelt, dass die gewählten Formulierungen geeignet sind, Klarheit zu schaffen. Die Regelung, dass bei Zustimmung des Eigentümers keine Untreue gegeben ist, hält er aber für vertretbar.

Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung stellten sich am Dienstag per Aussendung hinter den ursprünglichen Entwurf - und zwar ausdrücklich auch hinter den Punkt, dass bei Zustimmung des Machtgebers keine strafbare Untreue vorliegen soll. ÖVP-Justizsprecherin Steinacker will sich vor dem morgigen (nicht öffentlichen) Expertenhearing nicht festlegen, ob eine Änderung für sie denkbar ist. Nach dem Hearing werden SPÖ und ÖVP weiter verhandeln. Zeit ist bis 30. Juni - wo die StGB-Reform im Justizausschuss beschlossen werden soll.

Jarolim will im Hearing auch einen Teil aus Brandstetters Vorlage mit den Experten ansprechen - nämlich das neue Bilanzstrafrecht. AK-Direktor Werner Muhm und der Finanzrechtsxperte Peter Doralt haben sich nämlich vehement gegen die Neuregelung gewandt. Konkret ist für Muhm nicht akzeptabel, dass eine Falschinformation des Vorstandes (an Aufsichtsrat oder Hauptversammlung) nur mehr dann strafbar sein soll, wenn sie geeignet ist, schweren Schaden zu verursachen. Damit würde das Bilanzstrafrecht völlig ausgehebelt und alle Bemühungen der letzten Jahre konterkariert, die Kontrollen in den Unternehmen zu verstärken und die Glaubwürdigkeit der Bilanzen zu erhöhen, kritisierte er. Die Industriellenvereinigung pochte in einer Aussendung auf die - nach der Begutachtung überarbeiteten - Formulierungen. Die Neuregelung zur Bilanzfälschung würden die Rechtssicherheit und damit den Kapitalmarkt stärken.

(APA)

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