Wahlkampf: Strache schreibt „Rotes Sündenbuch“

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Bürgermeister Michael Häupl hat das Duell um Wien ausgerufen, FP-Chef Strache nimmt die Herausforderung an. Seine Kernthemen sind Ausländer und der Schuldenstand der Stadt.

Wien. „Normalerweise ist es der Job des Zweitplatzierten, ein Duell auszurufen, aber das zeigt nur, wie sehr die SPÖ in Zugzwang ist“, sagt FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian Strache bei einer Pressekonferenz nach der Klubklausur am Dienstag. Und: „Ich nehme die Herausforderung an.“ Montagabend hatte ihm Bürgermeister Michael Häupl bei einer Parteiversammlung in der Rinderhalle in St. Marx in Wien Landstraße vor der dort aufgebauten Kulisse des Shakespeare-Stücks „Richard III“ den Fehdehandschuh hingeworfen. Vor 700 geladenen Gästen rief er früher als erwartet – die Veranstaltung war ursprünglich im August geplant – das „Duell um Wien“ aus, forderte Strache heraus.

Nach derzeitigen Umfragen kratzt die FPÖ in Wien an der 30-Prozent-Marke, dennoch hält Strache ein Kopf-an-Kopf-Rennen nicht für ausgeschlossen. „Die Wahlen in Steiermark und Burgenland haben gezeigt, was noch möglich ist. Die Menschen haben genug von dieser Politik.“

Wie schon die ÖVP und die Neos macht auch er den Schuldenstand der Stadt zum Kernwahlkampfthema: Laut der Berechnung des Finanzressorts von Renate Brauner beträgt der derzeitige Schuldenstand der Stadt rund fünf Milliarden Euro. Berücksichtige man die ausgegliederten Unternehmen, so betrage die Verschuldung laut Rechnung der FPÖ aber 15 Milliarden Euro – das wäre eine Pro-Kopf-Verschuldung von 8606 Euro. Die SPÖ weist diese Kritik ihrerseits zurück: Die Schuldendarstellung sei keine wienerische Erfindung, sondern folge EU-Regeln. Die Rechnung der Opposition sei absurd, weil ständig einzelne Posten herausgenommen würden.

Militärflieger für Abschiebung

Strache und die FPÖ setzen aber auch in diesem Wahlkampf wieder auf das Ausländerthema – er finde es skandalös, dass Wien die Flüchtlingsquote übererfülle. Die FPÖ-Landstraße war zuletzt mit einer Aktion vor der Flüchtlingsunterkunft in Erdberg aufgefallen, wo sie gegen Asylwerber demonstrierte. Dazu forderten die Mitglieder auf ihrer Homepage „die Rückführung von bisher legal aufhältigen Fremden“.

Abschiebungen sollten mit Bundesheerflugzeugen erfolgen, sagte Nationalratsabgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein vor einigen Tagen und erntete dafür scharfe Kritik. Strache unterstrich jedoch diese Forderung am Dienstag. Die Flüchtlinge würden sich „absichtlich anurinieren, damit der rechtsstaatliche Vorgang abgebrochen wird“. Das sei Zivilisten nicht zuzumuten.

Darüber hinaus behauptet er, dass etliche Asylwerber falsche Auskünfte über ihre Herkunft geben: „Sehr oft handelt es sich gar nicht um Syrer, sondern um Nordafrikaner, die sich einen Aufenthaltsstatus erschwindeln wollen.“ Auf welcher Basis er zu dieser Aussage kommt, hat Strache nicht erwähnt. Seiner Meinung nach wäre es für Häupl aber schon lange Zeit, „dieses Problem“ anzugehen. In Oberösterreich hätten die Genossen schon Vernunft angenommen. Dort protestierten SPÖ-Aktivisten Anfang der Woche gegen eine Flüchtlingsunterkunft.

Bürgermeister Häupl setzt im Umgang mit der FPÖ auf Abgrenzung. Am Montag gab er seinen Funktionären als Argumentationswerkzeug gegen die FPÖ eine Broschüre mit dem Titel „FPÖ. Das Blaubuch“ mit. Auf 25 Seiten werden hier Verfehlungen aufgelistet – von Hitlergrüßen bis zu Gerichtsprozessen der Funktionäre. Strache spricht von „einer peinlichen Schmutzkübelkampagne“ und will seinerseits mit einem „Roten Sündenbuch“ antworten.

Auf einen Blick

Blaubuch. Auf 25 Seiten hat die Wiener SPÖ Verfehlungen der FPÖ zusammengefasst. Darunter finden sich ein „Hitlergruß-Foto“ von FP-Chef Strache Ende der 1980er-Jahre, Verbindungen der FPÖ zu Rechtsparteien, die Verurteilung der Abgeordneten Susanne Winter wegen Verhetzung und jene des ehemaligen Abgeordneten John Gudenus wegen Wiederbetätigung. Ein Kapitel widmet sich den Folgen von Schwarz-Blau, am Schluss wird ein Zukunftsszenario mit Strache als Bürgermeister gezeichnet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.06.2015)

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