Schieszler: "Mensdorff hätte mich mit drei Sätzen erledigen können"

"Kronzeuge" Gernot Schieszler im Gericht.(c) APA (Helmut Fohringer)
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Ticker-Nachlese Kronzeuge Schieszler hat am zweiten Prozesstag gegen den angeklagten Lobbyisten Mensdorff-Pouilly ausgesagt. "Die Presse" berichtete live aus dem Straflandesgericht Wien.

Der zweite Verhandlungstag im Prozess gegen den Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly und den früheren Telekom-Festnetzvorstand Rudolf Fischer brachte einiges an Umstrukturierungen: Es wurde beschlossen, die beiden Angeklagten (Untreue, sowie bei Fischer zusätzlich falsche Beweisaussage), erneut zu befragen – diesmal getrennt voneinander.

Den Anfang machte Fischer. Er sollte zu den Leistungen von Mensdorff-Pouilly für die Telekom in verschiedenen südosteuropäischen Ländern aussagen. Denn: „Momentan ist wenig Fleisch da“, meinte Staatsanwalt Volkert Sackmann. Fischer erläuterte daraufhin, der Lobbyist habe ihm „Hintergrundinformationen“ geliefert – etwa zur politischen Lage im jeweiligen Land oder der Wettbewerbssituation. Sackmann war das zu wenig: „Bitte sagen Sie mir eine Information, die zu einer Entscheidung geführt hat.“ Fischer blieb vage. In Osteuropa habe sich damals jeden Tag „etwas Neues bewegt“, darüber sei er unterrrichtet worden. Zwar habe es auch einen hausinternen Südosteuropa-Experten, Erich G., gegeben, allerdings waren ihm dessen Informationen nicht genug. Weiters führte Fischer an, dass er im Vorstand nicht bekanntgegeben habe, dass er seine Informationen von Mensdorff-Pouilly erhalten habe. Sackmann:„Hat also jeder Vorstand Geheimnisse und sagt den anderen nicht, woher er das weiß?“ Fischer: „Ja.“

Schieszler: "Das hätte die Bilanz gefälscht"

Nach Fischer wurde der „Kronzeuge“ und Ex-Telekom-Finanzvorstand Gernot Schieszler einvernommen. Dieser berichtete, dass Fischer 2004 oder 2005 auf ihn zugekommen sei. Er habe ihm mitgeteilt, dass noch etwas aus der Vergangenheit offen sei - „Altlasten mit Mensdorff-Pouilly“ rund um die Causa Behördenfunk/Tetron. Er müsse dessen Leistung von damals bezahlen. Allerdings, so Schieszler, sei eine Abrechnung für Tetron nicht mehr möglich gewesen. „Ich kann nicht Jahre später schreiben: Rechnung für Mensdorff-Pouilly für Tetron. Das hätte die Bilanz gefälscht.“ Stattdessen habe er einen Vertrag aufgesetzt, in dem ein Geschäft für Osteuropa (Projekt „Alpha“) abrechnet worden ist. Dass er das gemacht habe, sei „vertrottelt" gewesen, räumte er ein.

Schieszler führte aus, damals unter Druck gesetzt worden zu sein, um die Zahlung zu leisten. Auch der damalige Alcatel-Österreich-Chef und ÖVP-Bundesrat Harald Himmer habe sich mehrmals danach erkundigt.

Der „Kronzeuge“ gab außerdem an, dass er sich nicht mit Mensdorff-Pouilly anlegen habe wollen. Letzterer habe immerhin ein Netzwerk von Personen, die Vorstände bestellen, so Schieszler. In seinem Umfeld wären Leute ums Leben gekommen. „Er hätte mich mit drei Sätzen erledigen können“, erklärte er. Gewehrt habe er sich trotzdem – zumindest in einem Punkt: nämlich, Mensdorff-Pouilly mehr als eine Million Euro auszuzahlen. Aus seiner Sicht könnte das die Konstruktion begründen, dass 800.000 Euro als Pauschalhonorar und 300.000 als Erfolgshonorar an Mensdorff-Pouilly überwiesen wurden.

Mensdorff-Pouilly: "Das geht mich ja nichts an"

Anschließend war Mensdorff-Pouilly an der Reihe. Wie Fischer meinte er, Informationen über die politische und wirtschaftliche Lage in Osteuropa beschafft zu haben. Zu den „hundert kleinen Fragen" zu den jeweiligen Ostländern könne er aber nichts sagen. Auch nicht dazu, was seine Kunden mit den gelieferten Informationen machen: „Das geht mich ja nichts an.“ Den Abschluss des zweiten Verhandlungstages machte der Zeuge M., ehemaliger Mitarbeiter der Telekom. Gefragt nach dem Projekt „Alpha" sagte er, dass ihm in diesem Zusammenhang der Name Mensdorff-Pouilly nicht untergekommen sei. Dass der Lobbyist an dem Projekt beteiligt war, dafür Gelder erhalten habe, habe er nicht wahrgenommen - erst im Nachhinein.

Der Prozess wird am Montag am Wiener Straflandesgericht fortgesetzt. Als Zeuge ist der frühere Telekom-CEO Boris Nemsic geladen.

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