Mensdorff: „Habe das Geld verdient“

TETRON-PROZESS AM STRAFLANDESGERICHT WIEN: MENSDORFF-POUILLY / FISCHER
TETRON-PROZESS AM STRAFLANDESGERICHT WIEN: MENSDORFF-POUILLY / FISCHER(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Im Verfahren um den Behördenfunk verteidigten Alfons Mensdorff-Pouilly und Rudolf Fischer die Zahlung von 1,1 Mio. Euro.

Wien. Elf Jahre ist es her, dass der damalige ÖVP-Innenminister Ernst Strasser den Auftrag zur Errichtung eines Behördenfunksystems an das Konsortium Tetron aus Alcatel und Motorola, mit der Telekom als Sublieferanten, vergab. Jetzt befindet sich Tetron in einem Strafprozess, in dessen Mittelpunkt der ehemalige Telekom-Austria-Festnetzchef Rudolf Fischer und der Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly stehen.

Letzterer soll von der Telekom 1,1 Mio. Euro kassiert haben – wofür, ist für die Justiz nicht nachvollziehbar. Die Staatsanwaltschaft wirft beiden Angeklagten, die auf unschuldig plädieren, daher Untreue vor. Fischer ist zudem wegen des Verdachts der falschen Beweisaussage vor dem Korruptionsuntersuchungsausschuss im Jahr 2012 vor Gericht.

Bestechung nicht beweisbar

Nur um Untreue geht es jetzt, wie Staatsanwalt Volkert Sackmann gleich zu Prozessbeginn am Mittwoch ausführte: Die Anklage glaubt zwar, dass es Bestechung war. „Aber wir können es nicht beweisen“, sagte Sackmann.

Mit Teilen des Geldes sollten Beamte im Innenministerium „überzeugt“ werden, den Zuschlag an Tetron zu vergeben. Weil diese Geldflüsse bisher aber nicht bewiesen werden konnten, sei nur die Geldentnahme aus der Telekom angeklagt.

Allein in dieser Causa – Schädigung der Telekom durch Fischer und den als Kronzeugen nicht angeklagten Gernot Schieszler, Mittäterschaft sowie unrechtmäßige Bereicherung durch Mensdorff-Pouilly – dürfte die Justiz einen harten Brocken zu knacken haben.

Denn Fischer verteidigte in der Einvernahme durch Richter Michael Tolstiuk wortreich die Zahlung an Mensdorff-Pouilly, indem er auch gleich die wechselhafte Historie rund um den Blaulichtfunk ausrollte. Bei der Erstvergabe für das Funksystem 2002 ging die Telekom leer aus. Strasser entzog dem Siegerkonsortium Mastertalk aber nach heftigen Querelen den Auftrag und schrieb 2003 neu aus.

Und da sei Mensdorff-Pouilly ins Spiel gekommen, den er, Fischer, schon gekannt habe. Der Lobbyist und Ehemann der früheren ÖVP-Gesundheitsministerin, Maria Rauch-Kallat, sei an ihn herangetreten und habe angeboten, seine Kontakte zu Motorola spielen zu lassen. Denn die Telekom wollte nicht mehr Teil des Konsortiums, sondern nur noch Infrastrukturlieferant sein, wodurch sich das Risiko minimiert hätte. „Mensdorff-Pouilly hat dafür die Weichen gestellt“, sagte Fischer zur Leistung des Lobbyisten. Dieser hatte in diversen Befragungen indes wiederholt angegeben, er habe Leistungen für die Telekom-Festnetzsparte im Hinblick auf Osteuropa erbracht.

Auch für den Umstand, dass die Rechnung erst 2008 ausgestellt worden ist, als Fischer selbst gerade die Telekom verließ, hatte er eine Erklärung: „Ich hätte gleich in der Zeitung inserieren können und schreiben, dass Mensdorff zum Abschuss freigegeben ist“, meinte Fischer. Denn: Die Telekom und deren Gewerkschaft galten als rotes Unternehmen, Mensdorff-Pouilly hingegen sei schwarz. Das wäre ein Skandal gewesen – und es hätte keine weitere Zusammenarbeit mehr gegeben, so Fischer. Deshalb sei ihm nur recht gewesen, dass es zur Zeit der Tetron-Vergabe keinen Vertrag mit Mensdorff-Pouilly gegeben habe. Als dieser von Fischers Ausscheiden aus der Telekom erfahren habe, sei er „unrund“ geworden. Daraufhin habe man dann die Rechnung ausgestellt und gezahlt. Bei einem Projektvolumen von bis zu 100 Mio. Euro sei ein Erfolgshonorar von 0,5 bis ein Prozent üblich, so Fischer.

Und Mensdorff-Pouilly? Auf den Vorhalt von Staatsanwalt Sackmann, dass er im Ermittlungsverfahren gesagt hatte, er habe rund um Tetron kein Geld erhalten, meinte er: „Das war eine Schutzbehauptung, aber das durfte ich sagen.“ Er habe Kontakt aufgenommen, um der Telekom bei der Reorganisation des Konsortiums zu helfen. Damit gab er erstmals zu, tatsächlich für die Telekom bei Motorola lobbyiert zu haben. „Ich habe die Leistung erbracht und das Geld verdient.“

Am ersten Verhandlungstag kam es noch zu einem heftigen Disput über den Sachverständigen Matthias Kopetzky. Die Anwälte der Beschuldigten wiesen auf dessen Befangenheit hin, weil er schon im Ermittlungsverfahren für die Staatsanwalt tätig gewesen war und daher nun im Hauptverfahren als Belastungszeuge der Anklage nicht unabhängig sei. Tolstiuk lehnte aber nach einer kurzen Beratung den Antrag ab. „Es gibt keine Vorbehalte, die uns überzeugt haben“, sagte er. (eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2015)

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