Werner Faymanns Nachfolger

Kanzler Werner Faymann
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Rudolf Hundstorfer will nicht so wirklich, Brigitte Ederer hätte Probleme in der Gewerkschaft. Also vielleicht doch Christian Kern? Gerhard Zeiler brachte sich selbst ins Spiel, aber auch für Andreas Schieder spricht manches.

Werner Faymann startet eine PR-Offensive und gibt dieser Tage ungewöhnlich viele Interviews. Am Samstag war er im Radio im „Journal zu Gast“, heute, Sonntag, tritt er in der „Pressestunde“ auf. Die Arbeit der Regierung dürfe nicht schlechtgeredet werden, lautet seine Botschaft. Die eigentliche Botschaft ist aber dahinter versteckt. Sie lautet: Werner Faymann ist keineswegs bereit, seinen Posten an der Spitze von Regierung und Sozialdemokratie kampflos aufzugeben.

Und der ist spätestens seit den Landtagswahlen in der Steiermark und im Burgenland ernsthaft gefährdet. Die von der Bundespartei widerstandslos hingenommene Koalition mit den Freiheitlichen im Burgenland trotz eines Parteitagsbeschlusses, der genau dieses untersagt, hat schon für erhebliche Unruhe in den Parteigremien gesorgt. Und auch der Verlust des Landeshauptmannspostens in der Steiermark schockiert. Immerhin ist es schon das zweite Bundesland nach Salzburg, das in jüngster Zeit an die ÖVP verloren gegangen ist. Zusammen mit drohenden Wahlniederlagen in Wien und in Oberösterreich im Herbst sorgt das für eine explosive Mischung.

Wie groß die Nervosität in der Parteizentrale schon ist, zeigt eine Aussendung von Kommunikationschef Matthias Euler-Rolle vom Samstag, in der er über die Plattform Kompass herzieht, jene „Gegenbewegung“ zur Politik der SPÖ-Spitze, die vom Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler angeführt wird. Es gebe in der SPÖ Parteisektionen, die zehnmal so viele Mitglieder haben, „wie diese sogenannte Gegeninitiative“. Dort werde das „selbstbezogene mediale Getrommel eines einzelnen Bürgermeisters“ mittlerweile als parteischädigend empfunden, so Euler-Rolle.

Mag sein. Aber die Parteispitze weiß natürlich, dass eine offene Widerstandsbewegung, die nicht nur aus den üblichen Verdächtigen aus der Sozialistischen Jugend gebildet wird, eine gefährliche Dynamik in Gang setzen kann. Noch sind es nur Funktionäre der dritten und vierten Ebene, die sich offen aus der Deckung wagen. Doch auch sie können die unangenehme Diskussion über einen Wechsel an der Parteispitze in Gang halten. Und wenn dann noch gewichtigere Funktionäre – etwa aus der Gewerkschaft oder aus der mächtigen Wiener Landesorganisation – aufspringen, kann die Ära Faymann rasch zu Ende gehen.

Noch halten sich die potenziellen Nachfolgekandidaten zurück, wenn es darum geht, Ambitionen offen auszusprechen. Nur der Medienmanager Gerhard Zeiler hat verlautet, dass er den Job machen würde. Bei den anderen ist die Zurückhaltung aber kein Wunder: Sie wissen, dass sie sich angreifbar machen, wenn sie sich zu früh aus der Deckung wagen. Die Diskussion um Parteichef Faymann ist nicht neu: Beim Parteitag im vergangenen Herbst hatte er nur 84 Prozent der Delegiertenstimmen erhalten, was für einen regierenden Kanzler ohne Gegenkandidaten ungewöhnlich wenig ist. Damals hatte er die Debatte um seine Ablöse noch abwenden können. Ob das auf Dauer gelingt, ist fraglich.

Der smarte Manager und Anti-Faymann

Manche sehen in Christian Kern einen zweiten Franz Vranitzky. Aber kann er die Basis ansprechen?

Er ist so etwas wie das fleischgewordene Gegenprogramm zu Werner Faymann. Christian Kern ist eloquent und belesen, und er hat beste Kontakte zu den Medien auch jenseits des Boulevards – Marke: smarter Manager.
Der heute 49-Jährige hat ja auch – im Gegensatz zu Faymann – eine durchaus herzeigbare Karriere hingelegt: Nach seinem Studium der Kommunikationswissenschaften und einer postgradualen Ausbildung am Management Zentrum St. Gallen wurde Kern Wirtschaftsjournalist. Drei Jahre später verschlug es ihn in die Politik – zunächst als Assistent des SPÖ-Staatssekretärs Peter Kostelka, später avancierte er zum Büroleiter und Pressesprecher Kostelkas, als dieser Klubobmann der SPÖ wurde.
Damit war der parteipolitische Part seiner Karriereplanung abgehakt, und Kern zog es in die Wirtschaft: 1997 wechselte er in den Stromkonzern Verbund, zehn Jahre später übernahm er dort einen Vorstandssessel. Seit Mitte 2010 ist er Chef der ÖBB. Ein Job, der jahrelang als Himmelfahrtskommando galt – doch Kern sitzt dort fest im Sattel. Die Bundesbahnen haben sich unter ihm wirtschaftlich erstaunlich gut entwickelt. So gut, dass Kern zwischenzeitlich sogar als OMV-Chef gehandelt wurde.

Ob Kern mit seiner beruflichen Erfolgsstory dem Anforderungsprofil für den SPÖ-Vorsitzenden entspricht, ist die Frage. Manche Genossen haben da so ihre Zweifel, dass der Manager mit einem Hang zu teuren Anzügen auch die Parteibasis ansprechen würde. Seine Kindheit in Simmering sei halt ein bisschen wenig, heißt es.

Champions League in der Regionalliga Ost

Der international erfolgreichste österreichische Medienmanager Gerhard Zeiler würde sich den Kanzler "antun".

Es sagt leider einiges über Österreich aus: Als Gerhard Zeiler, Präsident der weltweiten Turner-Mediengruppe, ankündigte, als Kandidat für das Kanzleramt und den SPÖ-Vorsitz zur Verfügung zu stehen, wurde über seinen Rückhalt in der SPÖ und in der Gewerkschaft spekuliert.
Über Zeilers spektakuläre internationale Karriere im Mediengeschäft, über seine internationale Erfahrung und über seine Empathie wurde nur in Halbsätzen gesprochen. Eine Champions-League-Mannschaft beschließt, der Regionalliga Ost beizutreten und auf die Beine zu helfen, und was diskutiert die Ostliga: Können die das überhaupt? Zeilers politische Karriere begann wie bei so vielen in einem Kabinett. Er war Pressesprecher von Unterrichtsminister Fred Sinowatz, später im Kanzleramt, dann unter Franz Vranitzky. Es folgt das ORF-Generalsekretariat, dann der Ruf Helmut Thomas nach München, Zeiler übernimmt die Führung von Tele 5, es folgt RTL2. 1994 wird er dann Generalintendant des ORF, strukturiert und saniert das Unternehmen. Der äußerst entscheidungsfreudige Manager setzt auf quotenstarkes Programm, um der zunehmenden Konkurrenz durch private Anbieter und deutsche Sender etwas entgegenzuhalten. Dann wieder zurück auf die internationale Ebene: 1998 übernimmt Zeiler von Helmut Thoma, die Geschäftsführung von RTL.
Dann von Thomas Middelhoff die RTL Group. 2012 wird Zeiler Präsident des Konzerns Turner Broadcasting System International, der TV-Tochter von Time Warner die auch Sender wie TNT, Cartoon Network und CNN betreibt. Nun könnte er CEO von Österreich werden.

Der Interimskandidat mit Jobalternativen

Statt Bundeskanzler wäre Rudolf Hundstorfer lieber Wiener Bürgermeister oder Bundespräsident.

Er ist das SPÖ-Regierungsmitglied mit den besten Sympathiewerten: Rudolf Hundstorfer (63) gilt für eine Übergangszeit als möglicher Nachfolger von Kanzler Werner Faymann. Dem Ex-ÖGB-Präsidenten werden Chancen eingeräumt, weil er in zwei wichtigen Gruppen Unterstützung hat: Er kommt aus dem Wiener Rathaus, hat in der Wiener SPÖ und in der Gewerkschaft Rückhalt.
Manche zweifeln, ob ihm die Kanzlerschuhe nicht eine Nummer zu groß sind. In seiner Karriereplanung stehen zwei andere Funktionen weiter oben: das Amt des Wiener Bürgermeisters als Krönung und das Bundespräsidentenamt.

Österreichs (mögliche) Antwort auf Merkel

Brigitte Ederer bringt alle Voraussetzungen mit, ist aber bei den Gewerkschaftern in Ungnade gefallen.

Eigentlich hätte Brigitte Ederer alles, was eine Kanzlerin und SPÖ-Chefin braucht: Regierungserfahrung, Parteierfahrung, Managementerfahrung. Sie wäre eine österreichische Antwort auf Angela Merkel, eine Art Mutti der Nation. Noch dazu ist sie Wienerin, womit ihr auch die Unterstützung der wichtigsten Landespartei sicher wäre.
In ihrer Zeit als Vorstandschefin der Siemens AG hat Ederer allerdings nicht immer so agiert, wie sich die Gewerkschaft das vorstellt. Es ist daher nicht sicher, ob die 59-Jährige in diesem nicht unwesentlichen SPÖ-Flügel die nötige Unterstützung fände. Außerdem ist fraglich, ob sie überhaupt wollte. Wenn man sie denn fragt.

Ein neuer kleinster gemeinsamer Nenner

Für Andreas Schieder spricht so einiges: Dass er Wiener ist. Und jünger. Aber reicht das bereits aus?

Die Namen Kern und Zeiler mögen glamouröser erscheinen, aber die realen Machtverhältnisse in der SPÖ sprechen im Falle einer Faymann-Demontage für einen Kandidaten, der in der Wiener Partei und bei den roten Gewerkschaftern mehrheitsfähig ist. Und da bleiben nur Rudolf Hundstorfer und Andreas Schieder übrig.
Einen Generationenwechsel würde nur Schieder, der als Beamten- und später als Finanzstaatssekretär Regierungserfahrung gesammelt hat, glaubhaft verkörpern. Manchem Wiener Parteifreund ist der 46-Jährige allerdings zu links. Und zu sehr Faymann, sprich: Er wäre ein neuer kleinster gemeinsamer Nenner in der SPÖ.

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