Ärzteausbildung in der Kritik

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Themenbild(c) Erwin Wodicka
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Für die Reform der Medizinerausbildung hätten „wichtige Entscheidungsgrundlagen“ gefehlt, moniert der Rechnungshof.

Wien. Die neue Ärzteausbildung ist gerade erst in Kraft getreten, und schon gibt es die erste Kritik des Rechnungshofs (RH): Für die jüngst beschlossene Reform hätten nämlich „wichtige Entscheidungsgrundlagen“ gefehlt.

Darüber, dass der Turnus reformbedürftig war, herrscht zwar Einigkeit. Um eine zufriedenstellende neue Ärzteausbildung zu schaffen, hätte man aber mehr Informationen darüber gebraucht, weshalb bisher so viele Ärzte aus Österreich abgewandert sind bzw. ihre Ausbildung abgebrochen haben. Zuletzt waren laut Daten der Ärztekammer nur noch zwischen 61 Prozent der Absolventen des Studienjahres 2010/11 und 69 Prozent jener des Jahres 2006/07 in Österreich ärztlich tätig. Rund 40 Prozent der Absolventen standen damit nicht für die ärztliche Versorgung zur Verfügung. Und das, obwohl der Bund im Schnitt für jeden Medizinabsolventen zwischen 326.000 Euro und 415.000 Euro ausgibt. Vor der Neugestaltung der Ärzteausbildung hätten nicht nur die Zahlen der abwandernden Absolventen und Turnusärzte, sondern auch ihre Beweggründe umfassend ausgewertet werden sollen, beklagt der Rechnungshof.

Irritiert zeigte sich dieser auch darüber, dass seine im Begutachtungsverfahren geäußerten Bedenken nicht berücksichtigt wurden: So forderte der Rechnungshof, dass bestimmte Inhalte auf Gesetzgebungs- und nicht auf Verordnungsebene geregelt werden sollten. Dem wurde aber nicht Folge geleistet. Außerdem sei der Umsetzungszeitraum für die Neugestaltung der Ausbildung von knapp einem halben Jahr zu kurz gewesen.

Qualität wurde nicht überprüft

Auch an der Konzeption der neuen Ärzteausbildung haben die Prüfer etwas auszusetzen: Die Verlängerung der allgemeinmedizinischen Ausbildung bzw. mögliche Konsequenzen daraus seien nicht ausreichend begründet worden. Statt des Turnus müssen angehende Ärzte nun eine neunmonatige Basisausbildung absolvieren. Erst danach müssen sie sich für eine allgemeinmedizinische oder fachärztliche Ausbildung entscheiden. Für Allgemeinmediziner gibt es dann 27 Monate Spitalspraxis plus mindestens sechs Monate Lehrpraxis oder Lehrordination. Für Fachärzte sind mindestens 27 Monate Sonderfach-Grundausbildung plus 27 Monate Schwerpunktausbildung in Modulen vorgesehen.

Mangelhaft war auch die bisherige Ausbildung. Der Rechnungshof beklagt, dass die Anerkennung von Ausbildungsstätten über Jahre nicht evaluiert und die Qualität trotz entsprechender gesetzlicher Vorgaben nicht überprüft wurde. (j.n.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2015)

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