Start für E-Card mit Foto, „Spitzel“ für Ärzte strittig

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SPÖ und ÖVP sind für eine bessere Sicherung der E-Card gegen Sozialbetrug. ÖVP-Sprecher Rasinger stimmt gegen Mystery Shopping bei Ärzten.

Wien. Viele Österreicher wundern sich seit Langem, warum die elektronischen Sozialversicherungsausweise (E-Cards) der Versicherten nicht mit Fotos versehen werden, um möglichen Missbräuchen vorzubeugen. Jetzt dürfte es etwas überraschend doch dazu kommen. SPÖ und ÖVP haben dazu am Mittwoch im Parlament eine Initiative gestartet: Sozial- und Gesundheitsministerium sollen demnach die Einführung „biometrischer Erkennungsmerkmale im weiteren Sinn“ prüfen, etwa Fotos auf der E-Card oder möglicherweise auch den Handvenenscan.

Anlass dafür war, dass im parlamentarischen Sozialausschuss ein Gesetzespaket abgesegnet wurde, mit dem verschärft gegen Sozialbetrug vorgegangen werden soll. Die strengeren Bestimmungen der beiden Regierungsparteien sehen unter anderem ein sogenanntes Mystery Shopping in Arztpraxen vor, bei dem Scheinpatienten die Verschreibepraxis von Ärzten kontrollieren sollen. Gegen ein derartiges „Schnüffelwesen“ läuft die Ärztekammer bereits seit Wochen Sturm.

Innerhalb der ÖVP mehrten sich zuletzt ebenfalls die Zweifel an diesem Mystery Shopping. Um auch dem Koalitionspartner SPÖ den Ausstieg aus diesem Vorhaben zu erleichtern, wurde als eine Art Ersatzlösung die Verbesserung der Sicherheitsbestimmungen bei E-Cards etwa durch Fotos der Versicherten in Angriff genommen.

Allerdings spielt die SPÖ bisher nicht mit. Das umstrittene Mystery Shopping ist daher zumindest bis zum Beschluss der verschärften Maßnahmen gegen Sozialbetrug in der kommenden Woche im Nationalrat weiter Teil des Gesetzespakets. Damit wollen sich allerdings nicht alle Abgeordneten des ÖVP-Parlamentsklubs abfinden.

Auf diese Weise würde das „Spitzelwesen“ in den Ordinationen eingeführt, prophezeite ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger am Mittwoch im Gespräch mit der „Presse“. Der Arzt werde sich künftig wenn schon nicht bei jedem Patienten, so doch bei jedem neuen Patienten fragen, ob es sich nicht um Kontrolleure der Krankenkassen handle. Das Vertrauensverhältnis zu den Patienten werde damit zerstört.

Seine Argumente seien von Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) überhaupt nicht gehört worden, kritisiert Rasinger, der selbst Allgemeinmediziner in Wien ist. Wenn man wenigstens den Passus, dass die Gesandten der Sozialversicherungen den Arzt nicht anlügen dürften, ins Gesetz hineingeschrieben würde. Aber auch das habe Oberhauser abgelehnt.

Scheren andere ÖVP-Abgeordnete aus?

Allerdings trägt auch das ÖVP-Regierungsteam um Vizekanzler Reinhold Mitterlehner das Mystery Shopping mit. Es ist Teil eines 200 Millionen schweren Pakets gegen Sozialbetrug und soll bei der Gegenfinanzierung der Steuerreform helfen. Rasinger wird im Nationalrat jedenfalls gegen das Gesetz stimmen – und er geht davon aus, dass er nicht der Einzige aus den Reihen der ÖVP sein wird. Namen wollte er allerdings keine nennen.

Mit dem Vorstoß für Fotos der Versicherten oder anderen modernen Erkennungsmöglichkeiten auf den E-Cards sind noch nicht alle politischen Hürden genommen. Denn darüber müssen Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) und Gesundheitsministerin Oberhauser erst Verhandlungen mit dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger führen. Dessen Vorsitzender, Peter McDonald, war bisher einem derartigen Vorhaben gegenüber skeptisch, weil er hohe Kosten für die Sozialversicherung bei einer Umstellung fürchtet. Die Umsetzung könnte außerdem sinnvollerweise nur schrittweise mit der Ausgabe der neuen E-Cards erfolgen.

Jahreskarte der Wiener Linien mit Foto

Befürworter der neuen E-Cards etwa mit Fotos argumentieren hingegen, dass inzwischen sogar die Jahreskarten der Wiener Linien mit dem jeweiligen Foto der Besitzer ausgestattet würden, um Schwarzfahren und Missbräuche zu unterbinden.

Das Gesetz gegen Sozialbetrug sieht jedenfalls eine Ausweitung der Ausweiskontrollen von Patienten in Arztpraxen und Spitälern vor. Zudem werden strengere Vorkehrungen gegen Scheinfirmen eingeführt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2015)

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