Wie Eva Glawischnig um SPÖ-Wähler buhlt

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In ihrer „Erklärung zur Lage Österreichs“ positioniert sich die Grünen-Chefin als einziger Gegenpol zur FPÖ. Rotwähler mögen „ein Stück des Weges“ mit ihr gehen.

Wien. Die Akustik mag nicht die beste sein, die Location im Hof eines Hotels wenig staatstragend wirken. Doch der Ort, an dem Eva Glawischnig am Donnerstagvormittag ihre „Erklärung zur Lage Österreichs“ abgab, passte gut zur politischen Botschaft. Im Garten eines Wiener Hotels, in dem Flüchtlinge mitarbeiten können, hatten die Grünen Platz genommen. Um für ihre neue Sommerkampagne zu werben, die Österreich als Asylland in den Mittelpunkt stellt. Und auch, um im Vorfeld der Wiener Wahl um enttäuschte SPÖ-Wähler zu buhlen.

Grünen-Chefin Glawischnig appelliert in ihrer Rede an Rot-Wähler, „ein Stück des Weges mit uns zu gehen“. Eine Anspielung auf die Phrase, mit der SPÖ-Legende Bruno Kreisky einst um breite Unterstützung warb. Die SPÖ sei wie die ÖVP zu „Straches Wahlhelfer“ geworden, prangert Glawischnig an. Und verweist auf die nicht gelöste Frage der Asylwerberverteilung. ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner stelle Zelte für Asylwerber neben leeren Bundesgebäuden auf. Außenminister Sebastian Kurz wolle die wenigen Elemente einer europäischen Sozialunion abschaffen. SPÖ-Kanzler Werner Faymann schaue einfach weg. Und dass im Burgenland die SPÖ unter Hans Niessl eine Koalition mit der FPÖ eingegangen ist, wird natürlich erst recht an den Pranger gestellt.

Die Grünen, so lautet Glawischnigs zentrale Botschaft, seien die Einzigen, die die Abgrenzung zur „rassistischen, europafeindlichen“ FPÖ noch ernst nehmen. „Die Blauen darf man nie wieder regieren lassen. Und dabei bleiben wir“, ruft Glawischnig. Und erntet Applaus im grünen Publikum.

Über weite Teile wirkt Glawischnigs Rede freilich mehr wie eine gemütliche Pressekonferenz im Freien denn wie eine staatstragende Rede. Die Grünen-Chefin schaut oft auf ihren Zettel. Erst als es um die Idee neuer Grenzkontrollen geht, spricht sie ganz frei. Mit Schaudern erinnere sie sich an die Zeit, als Autokolonnen an der Kärntner Grenze zu Italien und Slowenien standen, sagt Glawischnig. Hingegen „wird sich von Grenzkontrollen am Loiblpass kein Flüchtling abhalten lassen“. Das Publikum schmunzelt bemüht.

Auch Van der Bellen mit dabei

Großen Applaus der Parteifreunde gibt es dann aber wieder, als Glawischnig über die rot-schwarze Bildungspolitik herzieht. Was hier auf Kosten der Jugend geschehe, das „sind wir nicht mehr bereit zu akzeptieren“. Im Publikum auch mit dabei: Alexander Van der Bellen, Glawischnigs Vorgänger als Parteichef und möglicher grüner Präsidentschaftskandidat im nächsten Jahr.

Im Asylbereich fordern die Grünen mehr Mittel für die Unterbringung und die Versorgung. Die grüne Plakatkampagne „für Menschlichkeit“ soll mit Slogans wie „Heimat bist du großer Herzen“ die positive Stimmung der „schweigenden Mehrheit“ für Asylwerber zeigen. Wiens grüne Vizebürgermeisterin, Maria Vassilakou, die nach Glawischnig spricht, betont, dass sie Wien weiterhin als „Hauptstadt des Respekts, der Solidarität und der Menschlichkeit“ positionieren wolle. Vassilakou findet für die SPÖ, mit der sie im Rathaus eine Koalition bildet, freilich freundlichere Worte als Glawischnig. „Rot-Grün“, so sagt Vassilakou, sei „das Gegenstück zur Hetze der FPÖ.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.07.2015)

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